B8: Beer-Hofmann, Richard 8.1 Abschrift Arthur Schnitzler an BH, Seite 49

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31.1.1896, Berlin.
Westminster Hotel.
Lieber Richard
Erstens ist Westminster Hotel ein Protzenhotel,
wie mir von den verschiedensten Seiten versichert
wird. Aber ich wohne doch dort.- Zweitens war
selbstverständlich der erste Mensch, dem ich begeg-
nete "College“ Stümoke, der zur Zeit Berlin vielfach
anspunkt und mehr Unsinn redet, als (über den Ver¬
gleich denk ich nächstens nach.) Er fragte gleich
nach der Brion. Ein Herr Ehrenzweig, den ich vor-
her kennen gelernt hatte (folglich war Stümeke nicht
der erste Mensch etc.) und sich an meiner Seite be-
fand, kannte die Brion natürlich auch. Ich ahnte füreh-
terliches. Aber wir schweiften ab (Ich meine es
nicht so.
Gestern war ich bei der Jüdin von Toledo und ver¬
liebte mich in die Sorma; aber Kainz war ebenso herr-
lich.
Mit Brahm hab ich mich sofort gezankt, er hat das
Kind der Katharina Binder gemordet - angeblich aus
künstlerischen Gründen. Als ich dieselben widerlegte
stellte sich heraus, dass er überhaupt kein Kind zur
Verfügung hatte. Ein paar Striche, die ganz über-
flüssiger Weise geschehn waren, machte ich wieder
auf. Heute war Probe. Ich unterhielt mich sehr gut.
Sie wollen mehr wissen? Gelegentlich.
Stümeke möchte nicht in meiner Haut stecken (Gegen-
seitig!) Nemlich weil die Stimmung gegen Brahm sehr
heftig ist und bei der Première "jedenfalls" auf
Hausschlüsseln gepfiffen wird. Ich kann natürlich
kein Auge zuthun. "Gehn S', sein S' fesch, und kommen S'
her!"Glauben Sie, dass Librettisten auf Nachschlüs-
sen pfeifen? (Herrn Julius Bauer wohlgeboren)
Wohin war mein erster Gang? Zu dem Hause, das E.S.