B39: Herzl, Theodor_75 Arthur Schnitzler an Herzl, Abschrift, Seite 12

1 11
11
-9--
(81.6.93)
21.6.93.
Ernst gar m
6
G.H.F.P
Veruhrter Freund,
dar der Oberprins - He
angen
ben wurde.
hoffentlich ist alles bei Ihnen wohl und die Masern haben ihre
älteste verschont. Es wird also wohl nach Wien gefahren?- Wie ge-
sagt, ich wiederhole meine Bitte, dass Sie mich irgendwann verstän-
digen, wie lange Sie dableiben etc. etc.- Es ist nicht unmöglich,
dass ich Anfang Juli auf 10-14 Tage mit meiner armen Mama nach
Ischl gehe; im übrigen wäre ein bissel Gebirgsluft für mich nicht
gerade überflüssig, da ich seit den qualvollen Aufregungen des Früh-
jahrs an einem grösstentheils nervösen Husten leide, den ich nicht
anbringe. Im übrigen habe ich mich jetzt auf den Sport geworfen
und fahre seit ein paar Tagen auf dem Bicycle. Ich schreibe diese
Zeilen mit steifem Arm und steifen Bein - ist auch das letztere
zu bemerken?
9r:
Ihre Prinzen aus Genieland hab ich hier im Carltheater gesehen
V.
wenn sie nicht ganz umgebracht worden sind, so sind nicht die Mör-
der, sondern die Prinzen selbst dran schuld gewesen; denn es ist im
ganzen miserabel gespielt worden. Mir war das Stück sehr sympathisch;
es lag wie ein Duft von 1840 drüber; es gehört vielleicht zu den-
jenigen Ihrer dramatischen Sachen, in denen am meisten Frühling ist.
Allerdings sind beträchtliche Ungleichheiten drin, und was mir am
ärgerlichsten daran war, - so weit mich heute meine Erinnerung nicht
täuscht - war die zu pathetische und absichtliche Manier,in welcher
plötzlich die Grundidee (im 3.Akt glaub ich) ausgesprochen wird,
statt dass das ganze Stück im Fortschreiten selbst und in seinen
Charakteren jene Grundidee ausspricht. - Sehr deutlich ist mir eine
treffliche Charge Knaak's im Gedächtnis.- Dann die hübsche klein-
bürgerliche Scene im 2. Akt, in der eine Violine vorkommt. Dann