B39: Herzl, Theodor_75 Arthur Schnitzler an Herzl, Abschrift, Seite 35

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Wien, 7. Jänner 95.
Mein lieber Freund! -
G.H.
Heute ist das Ghetto abgesandt worden. Ans Deutsche Theater. Das ist
auch deshalb vortheilhafter, weil Lossingtheater u. Berliner Theater
jetzt denselben Director haben - Blumenthal.- Das Stück ist sehr gut
geschrieben, die Schrift auf der Rechnung, die ich Ihrem Wunsche ge-
mäss (den Sie nur nicht gar so streng hätten ausdrücken müssen!) bei-
lege, ist die des Abschreibers; - sie wird sie über diesen Punkt beru-
higen. Der Begleitbrief ist vor den Anfang hingeklebt worden (natür-
lich auch in Abschrift.) Ich habe das Stück sehr sorgfältig in der
Abschrift durchgelesen, Ihrer Angabe nach unterstrichen und kleine
correcturen angebracht, welche durch kleine Versehen des Abschreibers
nothwendig wurden. Das Geheimnis ist vollkommen gewahrt; auch Herrn
Schick hab ich Ihren Namen nicht genannt, und somit bin ich, wenn Sie
nicht selbst noch jemanden eingeweiht haben, der einzige lebende Mensch
ausser Ihnen, der den Verfasser weiss. Es war nicht durchführbar, dass
die Abschrift bei mir gemacht wurde; da ich zu den Zeiten, in welchen
der Abschreiber arbeiten konnte, nicht anwesend hätte sein können; er
hat in seiner Wohnung geschrieben, mitgegeben hab ich ihm das Mscr.
Abends nach 6; einmal um 13, sorgfältig verschlossen. Sie können ver-
sichert sein, dass kein Unberufener Einsicht genommen hat.-
Morgen geht der Brief II ans Deutsche Theater ab.
Und nun, viel Glück! - Ich habe gute Hoffnung. Es ist Ihnen gelungen
ein "literarisches" Stück zu schreiben, das zugleich gutes Theater
ist. Sie wissen, wie mein erster Sindruck war. Diesmal hat mir das
Schauspiel noch viel besser gefallen; die Lebendigkeit der Gestalten