B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 3

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Briefe Arthur Schnitzlersan Hugo v. Hofmannsthal
Wien, 11.9.1891.
Lieber Freund, der Anfang vom Reichthum ist ab-
scheulich - Sie kennen ja die Moderne Rundschau!-
Plötzlich wurde das Ding gesetzt, obwohl es ausge-
macht war, dass die ersten Kapitel vorher verän-
dert werden müssen. Jedenfalls änder' ich für den
Separatabdruck, die Fortsetzung ist besser. Vor¬
läufig werd' ich in den weitesten Kreisen ver-
achtet.—
Wann kommen Sie? durch wen hab ich Sie grüssen
lassen? Salten ist in Miskolz, das wissen Sie wohl?
Von Beer-Hofmann hab ich keine Nachricht. Das Mähr-
chen reich ich der Burg ein, lass es vorher als
Manuscript drucken. bringen Sie was mit?
Bringen Sie was mit! -
Leben Sie wohl, ich freue mich sehr Sie bald wie-
derzusehen. Gan der Ihre
Arth.Sch.
12
an Hofmannth.
Wien, 21. Juli 1891.
Verehrter Freund, eine Karte, die ich eben von Paul
Goldmann bekomme, erinnert mich, wie üblich es ist,
Briefe zu beantworten, und wie ich Ihnen schon längst
hatte schreiben sollen, ja, wie ich Ihnen sogar hätte
schreiben wollen, wenn mein Gehirnmnnicht die ganze
letzte Zeit über tote Stellen hätte hinwegkommen
müssen. In zweierlei Perioden bietet einem das
Leben was, in der der Anfänge,wo tausenderlei über ei-
nen kommt, und man jeden Tag ein neues Blatt herzuneh¬
men hat, um nur drauf los zu beginnen. Dann die andere
Periode, wo man das Bedürfnis des Abschliessens hat -
wo man die alten Blätter nimmt und einem alle mögli-
chen Worte, Punkte und Gedankenstriche einfallen.-
die man vergass. Die erste Periode: wo man sich an
sich berauscht, die zweite: wo man sich an sich be-
ruhigt. Ich bin jetzt in keiner von beiden, also
arm und blöd. Nervös, sehr. Beer-Hofmann ist auch
schon weg, das wissen Sie ja.-In die Kugel komm ich
selten, es waren schon ein paar Ausschusssitzungen;
Special-Comitees sind gewählt worden; ich sitze im
Theatercomitee zusammen mit Pernerstorfer, Wengraf,
Osten, Kafka, Kulka.- Bis jetzt ist noch nicht viel
gescheidtes herausgekommen.- Mit Salten bin ich viel
zusammen, auch auf dem “Land” des Abends. Burckhardt
hat mir den Alkandi mit einigen schmeichelhaften
Worten zurückgesandt - ich habe ihn angenommen. Mein
Stück ruht und ist mir zuwider.- Wie geht es Ihrem
himmelblauen Einakter? Und wollen Sie mir nichts von
Ihren Sachen schicken? Sie würden mir eine wirkliche
Freude machen, seien Sie erster oder siebenter Grad; -
Gelesen wird mancherlei Burckhardt, Kultur der Renaissan
be, Goethe, nnalen, Lessings dramat. Entwürfe, Jonas Lie
etc. Besonders Nietzsche - zuletzt hat mich sein
Schlusskapitel und das Schlussgedicht zum Jenseits
von Gut und Böse ergriffen. - Erinnern Sie sich?
Nietzsche Sentimentalität! - Weinender Marmor!