B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 20

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A.S. an H.v.H.
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27.3.95.
Lieber Hugo, nach dem Konsert Hubermann am Frei-
tag möchte Herzl mit uns soupieren. D.h. mit
Ihnen „Richard, Bahr, mir. Richard weiss schon, hat
zugesagt; Bahr wird soeben durch mich verständigt.
Also wenn Sie können, bereiten Sie etwas Lust zum
Aufbleiben für Freitag Abend vor.
Herzliche
der Ihre
Arth.
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nach Folge
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A.S. an H.v.H.
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26.11.95.
G. A. Deuilen
Lieber Hugo, eben habe ich den Kaufmannssohn gelesen.
Folgendes find ich: die Geschichte hat nichts von
der Wärme und dem Glanz eines Märchens, wohl aber in
wunderbarer Weise das fahle Licht des Traums, dessen
rätselhafte wie verwischte Uebergänge und das eigene
Gemisch von Deutlichkeit der geringen und Blässe der
besonderen Dinge, das eben dem Traum zukommt. Sobald
ich mir die Erlebnisse des Kaufmannssohnes als Traum
vorstelle, werden sie mir höchst ergreifend; denn es
gibt solche Träume, sie sind eigentlich auch Schick-
Sale, und man könnte verstehen, dass sich Menschen, die
von solchen Träumen geplagt werden, aus Verzweiflung
umbringen. Auch ist nicht zu vergessen: die Empfindun-
gen des Kaufmannssohnes sind wie im Traum geschildert;
die unsägliche Unheimlichkeit, die irgend ein Weg,
ein Kindergesicht, eine Tür annehmen kann, wenn man sie
träumt, finden kaum im wachen Leben ein Analogon. Ihre
tiefere Bedeutung verliert die Geschichte durchaus
nicht, wenn der Kaufmannssohn aus ihr erwacht statt
an ihr zu sterben; ich würde ihn sogar mehr beklagen;
denn das tödtliche fühlen wir besser als den
Tod.-Ich will mit alldem nicht sagen, dass mir nicht
auch ein Märchen deselben Inhalts, ganz desselben
recht wäre; aber Sie haben die Geschichte bestimmt
als Traum erzählt; - erinnere ich mich jetzt zurück.
so sehe ich den Kaufmannssohn im Bett stöhnend sich
wälzen, und er tut mir sehr leid.
Damit wäre auch alles zum Vorzug gewandelt, was sonst
befremden müsste: eine seltsame Trockenheit, etwas
hinschleichendes im Stil - was die Stimmung des
Traums unvergleichlich halt, der Märchenwirklichkeit
aber zum Nachteil ist
che Grüsse. Es wird sich
noch manches sagen:
sech.
Arthur.
auch xxx