B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 39

A.S. an H.V.H.
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Graz, Freitag, 15.7.98.
Mein lieber Hugo, meine Absicht ist, Sonntag von
hier fortzureisen; dann zu Bahn, Rad, Wagen weiter,
vielleicht komm ich in die Fusch, da seh ich wohl
noch Ihre Eltern, Donnerstag 21. Bad Gastein, Villa
Wassing, dort treffen mich Nachrichten bis 23. (Bei
meiner Mama ). (Also nicht offene Karte! ) - Dann
schlängle ich mich allmählich nach Salzburg - und
weiteres hören Sie noch.- Die Zeit hier vergeht
leidlich, wenn auch nicht ganz nach meiner Laune; zum
Familienleben, selbst in mässigem Umfang bin ich
nicht geboren. Auch sind jetzt die Zustände durch
die merkwürdige Vermengung von illegitimen und aner-
kanntem.Einsicht und Halbheit, ganz unruhig.
Zum arbeiten bin ich gar nicht gekommen; mit einer
sehr lebhaften Sehnsucht ruft es mich zu meinem neuen
Stück - und doch werd ich vorher wahrscheinlich was
anderes schreiben. Die alte Skizze vom “Sohn” (Mutter-
mörder) gestaltet sich in mir zu irgendwas aus, was
P.S.
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beinah ein Roman sein könnte.- Dass ich von Wien
fort bin, ist mir recht; dass es von hier aus
bald weitergeht, nicht minder. Das Radeln macht mir
Freude. Warum schreiben Sie mir in Ihrem letzten
(vom 12.) nicht, wies Ihnen geht? Das hoff ich,
wenn auch nur mit ein paar Zeilen, in Gastein zu er-
fahren. Richard schrieb mir kurz, ohne bestimmte
Zusage, nicht wohlgelaunt.
Lassen Sie uns auf ein schönes Wiedersehen hoffen.
Von Herzen
Ihn
Arthur.
10.6.98. Steindorf am
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Ossiachersee.
Lieber Hugo,
die Radpartie war sehr schön; seit Dienstag
bin ich in Steindorf, wo es viel regnet; Sonntag
möchte ich gerne in Wien eine Nachricht von Ihnen
finden, ob man Sie vielleicht abends sehen kann.
Herzliche Grüsse Ihr
Orthur
Richard.