B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 64

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A.S. an H.v.H.
Ich schreibe das Stück nun bis zum Schluss und
halte es selbst nur für eine sehr ausführliche
Skizze. Wenn dann einige Auftritte fertiger sind
als ich geshnt, soll es mich angenehm überraschen.
Keinesfalls setz ich mir einen Termin.-H.... hab
ich ankässlich des Leichenbegängnisses von Richard
Vater gesehen,und habe viel Sympathie für ihn.-
Anfang nächster Woche denke ich nach Berlin zu
fahren; für acht Tage etwa. Brahm scheint plötzlich
von Stücken so überschwemmt zu werden, dass die
liebe Beatrice wieder unter den Tisch fallen wird.
Aber ich denke, unterm Tisch wird der Löwenfeld
sitzen.-
-Die Leb. St. kommen im März mit der Sandrock am
Volksth.zur Aufführung.-
Ich bin schon sehr gespannt von Ihnen zu hören.
Ich verspreche mir für Sie von dem römischen Auf-
enthalt unendlich viel. Lassen Sie sich nur nicht
verstimmen, wenn Arbeitslust und Kraft nicht gleich
wieder da sind. Denken Sie nur was "produktion" für
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ein unfassbares.unmessbares und unbegreifliches
Ding ist -wie wir zuweilen schaffen, ohne es zu be-
merken und ein anderes Mal (mir geht es öfters
so!) in aller Geschäftigkeit so gut wie nichts
geliefert haben.-Dass das "Aufgeschriebene" das
einzige ist, was von den Fernerstehenden kontrol-
liert werden kann, sollte uns nie verwirren. Für die
Andern werd ich gewiss nie ein Dichter sein wie
ich es vor drei Jahren einmal auf einem einsamen
Spaziergang von Wiesbaden nach Sieberich und heuer
im Sommer zehn oder gar zwanzig Minuten auf dem
Hiechtenstein war- Und das "übrigbleiben" kann
doch wohl kein Kriterium sein. In hundert-oder
zehntausend oder siebzigtausend Jahren ist gar
nichts übrig.
Aber das führt ins allgemeine,und da weht einem
die Luft zu kalt um die Ohren. Schreiben Sie mir
bald. Ich grüsse Sie herzlich.
Ihr