B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 66

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1er
A.S. an H.v.H.
aber entspricht es nicht sogar dem Wesen Ihres Jaf-
fiers besonders, wenn er diese Empfindung zu seiner
eigenen Rechtfertigung,in einer historisch-komödien-
haften Weise, ausdrückt, vorträgt, ja die Szene damit
erfüllt?
-Es war gestern wahrhaftig so viel von den paar techn.
nischen Zweifeln die Rede, die rege wurden, dass man
nicht dazu gekommen ist, das viele gute, ja ausseror-
dentliche zu begrüssen, das Sie uns gegeben haben.
Aber ich bin heute mit der Erinnerung an etwas pran-
gendes, flutends, kraftvolles aufgewacht, als das sich
Ihr Stück im Nachgenuss meldet; und finde insbeson-
dere, dass Sie diesmal Ihrem Vers, ohne dass er an
Schönheit das geringste verloren, das dramatisch
hinstürmende verliehen haben, wie noch nie zuvor. Ich
glaube an die Zukunft dieses Stücks auf dem Theater.
Leben Sie wohl und freuen Sie sich nur, dass Sie so-
was geschrieben haben. So gut wie man sich selber
freut, -freut sich doch kein anderer-denn das beste
an dieser Freude sind die Schaffenserinnerungen, die
im geheimen mitzittern.
Ihr
A.S.an H.v.H.
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(92)
Wien, 23.5.1903.
Was ich Ihnen heute zu sagen vergass, lieber Hugo, ein
Fräulein Maria Lugin, Vorleserin, früher bei der Ebner-
Eschenbach glaub ich, jetzt bei der Generalin v.Hüber,
von sehr sympathischen Wesen, will im Herbst im kleinen
Kreise (Saal des wissensch. Clubs) oder sonstwo, unge-
drucktes oder möglichst unbekanntes von bessern Wie-
nern resp. Oesterreichern vorlesen; bat mich, bei
Ihnen für sie zu reden, was ich sehr gern tue. Ich geb
ihr jedenfalls was, wenn ich was habe; kann ich ihr
in Ihrem Namen Hoffnung machen?
Herzlichst Ihr A.