B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 97

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A.S. an H.v.H.
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15.5.1910.
Lieber Hugo, ich gratuliere herzlichst; es war ein
schöner Abend. Die Umarbeitung find ich in der An-
lage famos, aber an einzelnen Stellen noch nicht voll-
kommen fertig. Vielleicht ist es nur ein halbes Dutzend
Worte der Christina, die mir fehlen - und vielleicht
fehlen sie mir nur, weil ich von dieser anmutvollen
Gestalt noch irgend etwas vernehmen möchte,ehe sie
aus der schönen Welt dieser Komödie scheidet.
Wir reisen Dienstag in die Schweiz auf circa drei Wo-
chen. Und sehen Sie hoffentlich bald nach unserer Rück-
kehr.
Viele Grüsse von Haus zu Haus
Ihr
A.
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A.S. an H.v.H.
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XVIII. Sternwartestr. 71.
30.7.1910.
Mein lieber Hugo. Sie sehen: wir sind schon übersie-
delt-und das sind auch schon wieder fast drei Wo-
chen her, natürlich gings recht allmählig, und auch
jetzt sind wir noch nicht in völliger Ordnung. Aber
mein Arbeitszimmer ist längst so wohnlich, dass es
kaum einen rechten Grund gibt das Stückeschreiben
länger hinauszuschieben. Uebrigens war ich zweimal
fort, auf dem Semmering, mit Olga und Heini, knapp
vor dem Umzug; und jetzt wieder ein paar Tage al-
lein auf dem Semmering, viel mit Brahm zusammen; mit
Frau Jonas, mit Kainz (der, wenn alles gut geht, bald
wieder eine neue Rolle von mir spielen dürfte.) Vom
Semmering aus hab ich eine Fusspartie gemacht (den-
ken Sie, mein Rad hab ich-verschenkt.) über den Sonn-
wendstein, ins Otterthal, über Kirchberg,Aspang nach
Mönichktrohen- etwas ganz besonders schönes, von
österreichischer unberühmtheit; ich hatte mich jahre-
kennen
lang gesehnt, es zu lernen, so dass es ein
Witzwort unsres Hauses, besonders Heinig zu werden