B43: Hofmannsthal, Hugo von_3 an Arthur Schnitzler, Abschrift, Seite 55

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erfreut mich (ich gebrauche das Wort in seiner wirklichen Bedeutung ) seit
jeher durch ihre warme und kluge Auffassung aller IhrerereArbeiten. Und diese
Frau spricht mir ganz ausnahmsweise, ihrer Art gar nicht entsprechend lebhaft
und nochmals den Wunsch aus Sie einmal zu sehen. Ich antworte: ganz gern, ganz
leicht, einmal bei mir draussen. Es vergeht der Herbst, derßWinter
es kommt das unfreundliche Frühjahr und da sie furchtbar an Neuralgien leidet so
sagt sie: so werde ich wieder nicht nach Rodaun kommen, und ich füge hinzu:
und das mit dem Schnitzler wird nicht zusammengehen. Im Augenblick fällt uns
ein, dass sie in ihrer Wohnung ganz allein ist, ihre Söhne in Prag, ihr Mann an
der Riviera und es kommt uns, mit der halb kindischen Freude, etwas ungewöhnlich-
es zu arrangieren, der Gedanke an dieses Frühstück. Aus Bescheidenheit, fügt
sie hinzu, man sollte, damit Sie sich nicht langweilen, jemand Geschehrten ein-
laden, der Ihnen neu und unterhaltend sein könnte, ich schlage Kassner vor, den
ich Ihnen schon lange bekannt machen wollte, man wählt die Stunde des Frühstückes
die Sie in nichts stören kann, ich weiss dass Sie nachmittags gern arbeiten und
Ruhe haben, es ist eine Wohnung in der einneren Stadt, - - - ich überschreite
eine seit 10 Jahren geübte Zurückhaltung und trage Ihnen diese Sache als herzlich-
en Wunsch oder Bitte von mir vor, und Sie antworten dass Ihnen Mittagseinladungen
un der nächsten Zeit unbequem sind! Ich kann wirklich nicht weiterschreiben
weil ich zu erregt bin, und die Thränen in den Augen habe, natürlich nicht vor
Rührung, sondern vor Zorn
Da Sie aus dieser Heftigkeit vielleicht gerade bemerken wie herzlich gern ich
Sie habe, so hoffe ich, dass dieser Brief Sie in keiner hässlichen Art ärgern wird
Von Herzen Ihr Hugo
30/3 902
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mein lieber Arthur ich danke Ihnen herzlich für Ihren lieben Brief. Ich
denke Sie müssen wissen, dass eine solche Heftigkeit wie die meinige, eben nur
gegen einen Menschen ausbrechen kann, der einen so nahe steht, dass ein " pickiert
sein gar nicht eintreten kann, sondern eben nur ein plötzlicher Ausbruch von
Ungeduld, wenn man merkt, dass der andere einem etwas unangenehmes tut, ohne das