B55: Kraus, Karl, Seite 7

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Wien am 19. 3.
1823
V. U. F.
Karl Kraus
WIEN. —.—
I., Maximilianstrasse 13.
Sehr reuhrte Herr Doctor!
Leider sehe ich mich genöthigt, mich in einer Angelegenheit
an Sie zu wenden, mit der Sie gewies nicht gerne.
belästigt werden. Aber, da ich Sie, liebe Herr, stets Hofgespätzt
und geachtet habe, so will ich auch Ihnen mich ganz offenbaren.
Sie können ermessen, wie sehr es mich kränken mußte,
daß Sie mir vorgestern im Gerenstandl, nachdem wir uns
& Wochen nicht gesehen hatten, mit sichtlicher Kälte und - ich möchte
sagen — „ceremonieller „Höflichkeit“ begegneten
Und weil es mir nun ganz einem furchtbar und ruhig dran
liegt, daß sie liebsten Herr Dr. Schnitzler, von mir gut denken
oder so denken, wie über mich zu denken ist, so will ich Ihnen, damit
Sie sich durch nichtige Redereien bestimmen lassen, mir böse zu
sein und mich quasi für einen „Aussätzigen“ anzusehen,
folgende Thatsachen mittheilen:
Meine in No 8 des "Magerzin" enthaltene Dörmann-Specht¬
Recension ist in dieser Form bereits vor Monaten entstanden
Herr Richard Specht sandte mir im November od. December
(ich weiß nicht genau, vom) seine Gedichte. Ich schrieb sofort (nach
2 - 3 Tagen) eine Kritik, diese Kritiek (mit Darmann zusammen
berprach ich ihn; F. D. „Sansationen" sandte mir gerade vorher
d. Weiß zur Recension). Dormann konnte ich damals
noch nicht. Den Annte ich erst später durch Vermittelung
Dr. Bell - Hofmann's persönlich kennen
die Kritik gab ich den Tagblick. Alexander
Landesberg behielt sie volle 2 Monate bei
sich, ohne sich zu entschieden. Endlich gleich ich hin.
Er erklärt, dieser Sache keinen so breiten
Raum gewähren zu können. Ich sucht sie heraus,
fand sie nach langem Suchen und gab sie mir.