B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 167

Berlin, 3.9.1903.
Lieber Herr Schnitzler,
ich schlage mich an die Brust,raufe mein Haar und sage:
o mea culpa, mea maxima culpa. Bei einem nochmaligen Stu-
dium Ihres Briefes vom 30.Juli entdecke ich, an der Hand
Ihrer frdl. Darlegung, dass Sie in der Tat einen drei -
perzentigen Vertrag" gewünscht haben. Esist aber auch ein
gut -Theil vestra culpa, dass ich das nicht entziffern
konnte,wie die Einlage beweist. Sie werden nun vielleicht
fragen, wofür ich das Wort gele sen habe, und da sage ich:
ich habe es überhaupt nicht gelesen. Solche Worträtsel
gibt es ja vielfach in Ihren Briefen, die mir darum nicht
weniger Freude machen! Und ich konnte auch nachträd ich
nicht auf das Richtige kommen, da dieser Ausdruck „drei-
perzentiger Vertrag“ unserm Sprachgebrauch fern liegt.-
Das ist die wahrhafte Geschichte vom „Puppenspieler“,
den man nach seinem inneren Werthe so wenig honorieren
kann, dass die Frage 2 oder 3% mir belanglos erscheint.
Ich wollte deshalb schon unserm letzten Briefe hinzu-
1.° 1.°
Uudenmaan läänille.
3.9.03.
fügen, dass, wenn Sie auf 3e bestehen, Sie doch den Ver-
trag ändern möchten und sende also hiermit den geändert an
Contrakt zum (hoffentlich unwiderruflich) letzten Male
zurück.
Für die Rolle des Oboisten ist Marx gewiss nicht reif.
Ich schätze seine Begabung, aber es würde ihm kein Gefal-
len geschehen mit solchem plötzlichen Vorschieben. Ich
habe Jwald genommen, der in seiner individualität mir von
vornherein etwas für die Gestalt mitzubringen scheint,
dabei auch ein Element vom „Liebhaber“ hat, das man doch
nicht ganz entbehren möchte. Wir haben das Stück heute
arrangiert. Ich zähle es zu dem Feinsten, was Sie geschrie-
ben haben.- Auf die Zeit, wo ich Sie am Sternwartenpark
besuchen und auf einem der Balkone in die Wiener Land-
schaft blicken kann, freue ich mich jetzt schon.Wie steht's
mit dem neuen Stück? Lassen Sie mich bald Gutes davon
hören.
Herzlich grüssend Ihr
O.B.