B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 193

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tiemen, die bei Einreichung des Stückes fällig wurde, zu
offeriren. - Mögen Sie aus diesem Vorschlag ersehen, dass
ich unser beiderseitiges Interesse darin finde,Sie nicht
aus dem Hause gehen zu sehen, und dass ich bestimmt glau-
be, auch der Marien-Tragödie diejenige Theaterform gewin-
nen zu können, die dies seltsam-fesselnde Werk verdient.
Auf alle Fälle, ob Sie nun annehmen oder ablehnen,
bitte ich mein Angebot als unmenschlich discretes anzu-
sehen,gegen jedermann (auch gegen Hugo).
Schlenther hat mir in Marienbad gesagt, ganz aus
sich heraus, er sei grade im Begriff gewesen,Fischer zu
ersuchen, bei Ihnen die Einsendung Ihres Neuesten zu er-
wirken. Ob ich diese Mission übernehmen wolle? Ich sagte
ihm, daß Sie an zwei Stücken arbeiten, dass aber beide
noch nicht ganz spruchreif seien und das s ich Ihnen näch-
stens von seinem Wunsche Mittheilung machen würde. Was
hiermit geschieht.
Betreffs Ihrer älteren Stücke bin ich insbesondere
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einer Aufnahme des Einsamen Wegs sehr geneigt, erinnere
Sie aber an Ihre Absicht, Einiges zu ändern. Mein Eifer zu
diesem Werk und etwa den Leb. St. wird wachsen, wenn ich
erst weiss, dass auch Ihre neue Produktion mir zufällt.-
Und nun wollen Sie etwas noch Lustigeres als die „Komö-
die" machen? Mann, wenn das nur denkbar ist; versprechen
Sie nicht zu viel! Und schreiben Sie auch einen schönen
Roman, damit man mal wieder an was Epischem seine Freude
haben kann. (Ich lese jetzt nur Briefe, z.B.Bülow-Briefe,
letzter Band; erschütternd, kehlzuschnürend oft.- Hauptmann
will,
ist mit den Jungfern fertig, mit ihnen nächstens
nach Berlin reisen. Wiener Gastspiel Frühjahr geplant, im
Herbst heisst es:alle Mann auf die Schanzen.-Was mein
Unwohlsein war, weiss ich selber nicht, die Diagnose schwank-
te zwischen Herz, Dickdarm und Neurose. Schöne Auswahl,
gelt!
Herzlich grüssend
O.B.
„Adagio" versteh ich nicht.