B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 267

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16.12.09.
Zum Medardus lassen Sie mich nur kurz dieses sagen.
Ich habe ihn von Neuem mit grösstem Interesse gelesen;
die Striche schaffen in mancher Hinsicht Erleichterung
(manche aber sind so grausam, dass ich mich nicht hinein-
finden kann; an eine Aufführung aber könnte ich mich
nicht trauen. Dazu gehört eine Drehbühne, ein sehr gros-
ses Personal,- und sehr viel Geld. Woher soll ein ehrli-
cher Mensch, bei unsern, Dank M.R. u.A., so desolaten Thea-
terzuständen das nehmen? Auch mir widerstrebt die Aus-
sicht sehr, dass Sie nun „mit diesen Leuten weiterverhan-
deln" könnten; und nur der Zwang der Umstände ist es,
der mich, sehr gegen mein Wünschen, zu dem negativen Resul-
tat kommen lässt:-i trau mi nöt.- Schl. hat mir in der
Tat damals bei Meissl u.Schadn den Eindruck bestätigt,
den ein Brief an Sie erweckte; wenn Censur und Drehbüh-
ne stimmen, dann sei's so weit. Und auf meine Frage, was
bei einem Wechsel der Direktion Ihnen die Annahme nütze,
erwiderte er: er werde Ihnen,-wenn Censur und Drehb.
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stimmen - die Annahme ausser durch den Contract noch in
Briefform mit einer Termin-Angabe anzeigen, und an die
müsse auch der event uelle Nachfolger sich gebunden hal-
ten - meinte er. Das war's, was ich sein ernsthaftes
Medardus-Denken nannte,
Herzliche Grüsse für Sie alle. Was macht
Pötzleinsdorf?
O.B.
Ich bitte Sie Beide die Geschichte von Fr.F. und d'A.,
die ich neulich erwähnte,zu vergessen, es haben sich
grosse Varianten, Kämpfe, Erörterungen ergeben, und man
weiss nicht, wo der Klatsch aufhört und die Realität der
Dinge anfängt.
Die correcturbogen folgen.