B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 269

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Berlin, 2s.12.1909.
Lieber Freund,
grade gestern schrieb ich Ihnen. Schluth.'s Brief ist
allerdings im Ausdruck schwankender, als das, was er mir
mündlich sagte; ich würde aber für das praktischeste
halten, dass Sie ihn zunächst beim Wort nehmen, Vertrag
mit ihm machen - und dann, wenn der Nachfolger gefunden
und bereit ist, Sie im Herbst zu spielen, sich mit Schl.
entsprechend errangiren. Auf diese Weise bekommen Sie
wenigstens, nach dem langen Warten, etwas in die Hand,
einen Spatz freilich; aber der scheint mir wert voller
als eine Debatte mit S. auf Grund jener Wirtshausäusserung,
die ja, eben des Ortes wegen, wo sie fiel, nichts Verbindli-
ches im strengeren Sinne haben kann.
Danke schön für Ihre Worte über das „Konzert“!Den Brief
an R. hätt ich gern gelesen; als document humain, als li-
terargeschichtliche Abrechnung im Schnitzler-Stil, und so
denke ich ihn mir höchst remarkabel.
Ihrigst
O.B.
264 Berlin, 19.1.1910.
Wissen Sie was mich sehr freuen würde? Wenn ich den Aus-
flug ins Pantomimische unternehmen könnte, zu dem Sie
laden und looken. Aber mit des Geschickes Mächten - man
weiss schon, wie die sind; und es geht nicht: ich bin
„unabkömmlich“. Morgen ist neueinstudierter Solness-
Monnard; Hauptmann, Hirschfeld, ja sogar Trebitsch ist im
Lande - und von da ist nur ein Schritt zum deutschen
Kronprinzen, der mich heute ersuchte, für Sonnabend
den „Tantris" anzusetzen, was ich ungern, aber doch tat:
und nun muss ich acte de présence machen, umsomehr als
es die fünfzigste ist. Sonntag Gastspiel Sehring (aus
Wien,von Ihnen gelobt) Montag Onno (von Ihnen empfohlen).
und so geht die Tretmühle weiter, einen Tag wie den an-
dern. Ha, welche Lust! Immerhin, eben kommt der Rapport
des 18.Konzerts, da tritt man halt in Gottes Namen wei-
ter, denn er - nicht Gott - lautet auf 3600.
Ueber „Anatol“ lässt sich beim besten Willen, den Sie ja
an mir kennen, noch nichts sagen als eben: März (hat