B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 285

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Monnard hat sehr gut gefallen, auch in der Presse;
achten Sie doch nicht auf den Jacobs., den ich nicht
gelesen habe. (Solche Leute soll man m.E. nur lesen,
wenn sie in grossen Zeitungen losgelassen werden, wie
der amicable Goldmann).
Nun aber D.w.L. Fr. Triesch hat das Buch, resp. die Rol-
le erhalten, da Sie einverstanden waren mit der Besetzung.
Der Gefahr, dass das less.-Th. angesteckt wird, wollen
Sie mich doch nicht aussetzen (und die deutsche Kunst)?
Sie, d.h.Fr.T. ist aufs Höchste angetan vom stück und
der Genia. Diese liegt, nach meiner unveränderten Mei-
nung,zwischen der T. und L., doch so, dass die erste
sie in den wichtigsten Momenten besser fassen wird.
Dazu rechne ich vor allem die - nicht von jeder
Schauspielerin glaubhaft zu machende - Beziehung zum
Stieler des Stückes, der glaub ich Otto heisst; bei
der L. würd ich fürchten, nicht an sie zu glauben.
Doch wir reden ja de lege lata, nicht ferenda; und
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diese Besetzung ääre nur durch schwere Klementar-
ereignisse, Tod, Kontraktbruch, Muttermordung, zu besei-
tigen. - Was eine Verschiebung des Stückes auf näch-
stes Jahr angeht, so könnt ich im Augenblick dazu nicht
ja sagen, zweifle auch, dass Sie selbst (nach Ihren Zei-
len vom 8.) den Wunsch danach noch haben. Sollte „Ana-
tol" sich weiter so gut „aufführen“, und sollten auch
Die Ratten den Schiff nicht verlassen - dann liesse
sich ja weiter über diese Frage reden, Schon heute
aber bitte ich sagen zu dürfen, dass ich dem 2-Tage-
Voraus vor Wien sehr widerspreche, selbst auf die Gefahr
hin, Sie auch bei dieser Aufführung nicht bei uns zu
sehen.
Ich bin seit vorgestern wieder in Tegel, wo ich gut
arbeiten kann. Diesmal geh ich an den Kleist, der seit
August geruht hat, und noch einige Wochen ruhiger Ar-
beit braucht. Der Verleger drängt, denn das Buch ist