B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 350

Votre ami
25 Wien, 5.10.1901.
Lieber Herr Brahm, ich schicke Ihnen hier die letzten
zwei Einakter.
Der Ruppenspieler, den ich eine „Studie“ nenne, ist als
lever de rideau gedacht. Wenn Sie ihn lesen, denken Sie
sich Mitterwurzer als Suppenspieler. Da Sie aber Mit-
terwurzer nicht bekommen werden, schlage ich Rittner als
Darsteller vor. Ich glaube ihm steht die Fülle des
Tons und der innere Humor der Digur am ehesten zu Ge-
bote,und viel leicht interessiert es ihn,wieder einmal
einen Fünfzigjährigen zu spielen. Vielleicht aber
eignet sich Bassermann, den ich ausserordentlich hoch-
schätze und noch nicht genau kenne,besser dazu. Den
Oboespieler Jagisch Fischer? oder Reinhard. Seine Frau
Triesch? oder Dumont? Nun, ich glaube, die Lehmann am
besten.
Die letzten Masken sollen den Abschluss des Abends bil-
den. Ich halte es für besser,mit dieserm emsten und
wie mir und andern scheint werthvollsten Stück zu
(5.10.1901.)
schliessen, als mit dem leichten, allzuleichten „litera-
tur“. Es gäbe dem ganzen Abend einen höheren Charakter.
Dazu kommt, dass „die letzten Masken“ nicht ganz ohne
burlesken Einschlag sind, ja dass man sie selbst als
"Tragikomödie" bezeichnen könnte. (Mir ist aber der
Untertitel „Schauspiel“ weil minder prätentiös sympath¬
thischer). Als Carl Rademacher wäre wohl Reinhard zu-
nächst in Betracht zu ziehen. Als der Schauspieler
Florian könnte Rittner sehr merkwürdig sein. Weihgast
ist nicht leicht zu besetzen. Der ideale Weihgast wäre
wohl Hartmann. Bassermann dürfte in Ihrem Hause der
richtigste sein. Halmschlöger vielleicht ziener? oder
Kaysler. Tann Zienner oder aleuhr die Paschanda Poek-
Mitz.-
Somit schien mir als Reihenfolge 1. „Der Ruppenspie-
1er";2. „Die Frau mit dem polch“; 3. Lebendige Stunden”;
4. „Diteratur“;5.„Die letzten Masken“ weitaus am dank-
barsten.Nach dem einfachen wehmütig heitern Ruppenspie