B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 379

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Wien, 28. Juni 1905.
Lieber Freund, es ist selbstverständlich, dass ich Ihnen
beide Stücke an den wollte, und als wir uns in Wien
sprachen, war auch von diesem Senden, nicht von einem
formellen Ueberreichen die Rede; denn schon damals lag
mir, aus künstlerischen und praktischen Gründen der Ge-
danke nahe, eines von den Stücken (die Annahme voraus-
gesetzt) am Tessing, das andre am Deutschen, oder ins
lebendige übersetzt,das eine bei Brahm, das andre bei
Reinhardt aufführen zu lassen. Seither sind xxx eine
seits beide Stücke weitergekommen, andererseits hat
auch äusseres mitgewirkt, um mir diese Vertheilung
in jeder Hinsicht vortheilhafter erscheinen zu lassen.
Die stärkste Wirkung hat speziell die Sorma-Aufführung
auf dem Gewissen, und wenn Sie das zweite Stück (das
prama) lesen, so werden Sie selbst,in der Unbeirrtheit
Ihres Urtheils, einsehen, dass der Stil des Reinhardt-
Theaters diesem stücke vielleicht mehr entgegenkommt
als der des lessingtheaters (obwohl es ja seinen Namen
41. Sheetl.man
(28.6.05.)
nicht dem Regisseur des gleichen Namens verdankt). Auch
die Höflich hat es mir angethan,- wobei ich nicht ver-
schweigen will, dass die eine Rolle (nicht die grösste)
in jenem Drana bassermännischer ist als irgend ein
Schauspieler der Reinhardt-Truppe sie spielen könnte.
Aber es ist vielleicht wirklich müssig, über all das zu
reden, eh Sie die Dinge kennen. Ich hüffe sehr, mit dem
Drana (Titel hat weder das eine noch das andre Stück
bisher) noch vor Beginn der Saison fertig zu sein;
als ich es neulich durchlas, war es zu meiner angenehm-
men Ueberraschung, weiter als ich gedacht hatte. Die
Komödie aber kann ich ihnen und möcht ich Ihnen gern
in der ersten Julihälfte, vielleicht in 8-14 Tagen
schicken, und bitte Sie nur mir sehr genau zu schreiben,
wo Sie das Manuscript trifft. Die Discretion (von der
ich überzeugt war) nehme ich in jedem Falle dankend an.
Ein bindendes Versprechen hab ich Reinhardt bisher nicht
gegeben; aber er hat Grund zu glauben, dass ich, wenn ich