B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 381

(27.7.05.)
Das andre Stück, nauenlos wie das erste, ist sozusagen
fertig- bis auf eine gewisse Schwierigkeit im 3.Akte
zu deren Ueberwindung (die mir ein formales Hindernis
gibt) vielleicht eine Stunde - allerdings eine sehr
gute, nothwendig ist. Bald nach meiner Rückkehr hoff
ich sie zu finden. Und ich fahre schon Samstag nach
Wien zurück, was ich freundlichst zu beachten bitte.
Sie erhalten das Ding also vielleicht noch in der er-
sten Augusthälfte zugesandt. Immerhin möcht ich vor-
läufig daran festhalten, aus den in einem früheren
Brief angedeuteten Gründen, dass sich jenes zweite Stück
mehr für das Reinhardt Theater eignet als fuer das
Ihre. Mehr äussere, vielleicht selbst äusserliche Grün-
de. Der Stil dieses zweiten Stückes geht nämlich, ins-
besondere im 2.Akt, stark nach dem phantastischen hin,
und mir ist wohl erinnerlich, mit welchem, freilich nur
innern, Widerstand Freund Lessing anlässlich ähnlicher
Versuche meinerseits an die gestellten Aufgaben heran-
(27.7.05.)
gegangen ist. Wesentlicher vielleicht noch scheint
mir, dass die Hauptrolle in diesem Stück wie für die
Höflich geschaffen sein dürfte. Aber über all das
eingehender zu reden hat wohl erst Sinn, wenn Sie's ge-
lesen haben. Dass ich in keinem Fall Ihnen das erste
Stück aufzudrängen die Absicht habe, brauch ich hoffent-
lich ebenso wenig zu betonen als dass es keineswegs
Reinhardt ist, den ich mehr liebe als Sie, sondern
höchst ens mich selbst.
Von Weiss erhielt ich heut ein Telegramm, er möchte
betreffs meines neuesten Stückes mit mir Rücksprache
nehmen. Schon im vorigen Jahr hat er den Wunsch aus-
gedrückt, dass die eventuellen Premieren in Wien und
Berlin mindestens am selben Abend stattfinden mögen.
Können Sie sich die Komödie (wie wollen es vorläufig
bei dieser Bezeichnung belassen- „Schauspiel" schien
mir direkt gefährlich) an Volksth. dargestellt denken