B118: Zweig, Stefan, Seite 86

ich spürte im Groten Lesen gar nicht
mehr, dass dies ein Drama ist, ein Theater
stück, ein Kunstwerk, ich würte mir le¬
bendigsten Leben, das mich ergriff wie
ein fait divers der Zeitu’ ns, ein politischer
Fall, spürte erst nur menschliche Empo¬
rung, Freude, Hans und Frebe. Dann
später erst ham das Besinnen, dass
dies Eestaltetes, verwandeltes, kunst
werk und nicht unmittelbares Leben
ist. Und immer habe ich noch
heine Rule, um den Perulardi als
Kunstwerk oder sar auf den Reaterer¬
folg hin betrachten zu können, ich bin
zu passioniert davon, zu sehr uns
Sympathie und zovor gefä und fin
seine so herrlich lebendigen, so atem
nalen Menschen. Nostra ipsissima
res agitur — ich spür es zu sehr uns
kann gar nicht recht heraus, mir's
zu betrachten, so sehr bin ich darin.
Jedesfalls: Sie haben nie eine grössere
Seene geschrieben als die im vierten Aht¬
zwischen dem Eerstlichen und Bernhardi,
Es ist die Provinquisitors eene Ihres dra-
matinhen Werks, ganz weit blickend, hart
und doch voll Güte, groß in jedem, nu
meuschlichen im kunstlerischen Sinn.
Nie waren Ihre Menschen lebendiges, nie
Sie selbst dichterisch so weit, das spüre
ich mit Beglückung und verzei¬
hen Sie? — mit Stolz, wenn man darf
doch niemandem versagen, auf die
Stolz zu sein, die man liebt.
tramaturgisch den Bernhardi zu
betrachten, vermag ich noch nicht,
ich sagte es ja, er ist noch zu heiss
in mir. Aber ich weiß, solchen letzten
menschlichen Entaüsserungen kann nie