B121: Fischer, Salomo_SF an Arthur Schnitzler 1930–1931 Originale, Seite 66

Vere de Reige
988
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F/Si.
10. November 30
Herrn Dr. Arthur Schnitzler
Wien
Lieber Freund,
ich schicke Ihnen mitfolgend die Uebersetzung der Einleitung
von SCHINNER. Nachdem ich die Einleitung gelesen habe, bin ich der
Meinung, wir sollten den Abdruck der Einleitung im „Reigen“ auf
einen gelegeneren Zeitpunkt verschieben. Diese Einleitung ist eine
sehr gewissenhafte philologische Darstellung der Schicksale des
Buches und der Theateraufführungen; für die Einleitung oder für das
Nachwort durchaus geeignet.
Wir stehen indessen augenblicklich unter dem Druck der national-
sozialen Bewegung und die Wirkung dieser Einleitung wäre zweifellos
die, dass die antisemitische Presse die Beunruhigung, die aus der
Lektüre und den Aufführungen entstanden ist, zu einer neuen Aufrollung
der Frage missbrauchen würde.
Ich weiss nicht, was Sie mit der Einleitung bezwecken. Weder Sie
noch wir haben unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein Interesse
daran, eine Konfiskation oder ein Verbot heraufzubeschwören. Und so
möchte ich am liebsten die Buchausgabe vom „Reigen „ im Januar zunächst
ohne jeden weiteren Kommentar herausgeben und die Einleitung erst dann
hinzufügen, wenn die antisemitische Welle sich etwas verzogen hat.
Lassen Sie mich wissen, ob Sie damit einverstanden wären.
Wegen des billigen Buches, resp. Novellenbandes, den wir am
besten einige Wochen nach Erscheinen des „Reigen“ u herausgeben würden,
erwarte ich Ihren Bescheid.
Mit herzlichen Grüssen
29. 12000 V. S.
Fischer
Thr.