B131: Hofmannsthal an Schwarzkopf, Seite 39

Oder hoffen, daß Sie es gar nicht lesen können.
Wenn ich denke, was ich alles sagen wollte
und was alles um mich und in der anklag¬
und vibrierte und Elimmerte — und
mich dem Papier stehen ein paar steife oder
betrunkene hinkende Zeilen; ich glaubi¬
lieber Freund, in mir statt kein Schriftsteller.
Aber wozu schicke ich ihn dann dem eigentlich
ab; ich weiß wirklich nicht was ich will¬
über was; möcht, wüsst schon
Seien sie herzlich gegrüßt.
von heim
Hugo
von 7 Aug. Strobl bei Ischl
Hotel am See.
Nachrschrift. Bitte grüßten Sie herren
Weiss oder Dr Hirschfeld und
gefräßig bin ich noch immer.
15G3
19
Strobl, 10. August.
Ihr lieber, einster Brief, mein Freund,
hat mir aufrichtige Freude gemacht; ich
habe ihn 3 mal erweinander gelesen (eine
Ehre, die, beiläufig gesagt, seit dem Lederstrumpf
nur sehr wenigen Litteraturprodukten von
mir widersahren ist) - und - um ihnen
zu beweisen, daß diese Freude wirklich
wahrhaft und aufrichtig ist, will ich alles
zusammensuchen, was mir daran nicht
gefallen hat. 1.) Loben sie mich zu viel.
Was soll denn das heißen? Ich bin doch
kein kleines Mädchen! Das Epitheten
„kößlich“ für den Börsembericht hat
mich geradezu empört. Entweder wirst
das eine conventionelle, seellose, verknöherte,
mechanisch hingeschriebene Formel (wie
man sie von einem geschätzten Mitarbeiter,
einem Schlesinger, Widmann oder
Blumenthal gebraucht) oder aber ihr
Geschmack hat sich in der Eusch in
gerndezu schreckenvorigender Weise
verschlechtert. Also bitte, wählen sie.