A62: Medizinische Schriften, Seite 119

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Internationale Klinische Rundschau
VI. Kongress der italienischen Chirurgen in
Der Vortragende berichtet eingehend über den von ihm
operirten Fall. Es handelte sich um eine Frau von 52 Jahren, die
Bologna
jedesmal bei der Defäkation Schmerzen in der Gegend der rechten
vom 16. bis 19. April 1889.
fossa iliaca empfand. An dieser Stelle bestand eine ziemlich grosse
. (Originalbericht der « Internationalen Klinischen Rundschau»)
wenig nachgiebige Geschwulst. Man diagnostizirte einen atro phi¬
sches oder fibröses Carcinom des Blinddarms oder der
(T.) Auf diesem Kongresse, der einen grossen Erfolg gehabt, waren
umgebenden Partien. Die Operation war eine äusserst schwierige
die hervorragendsten Chirurgen Italiens, darunter fast alle Vorstände
da der Tumor durch zahlreiche Schwarten mit Dünndarm und
und Assistenten der chirurgischen Kliniken, erschienen. Vor Eröffnung
Peritoneum verbunden war. Das Coecum wurde ganz exstirpirt und
der Sitzung stellte Senator Prof. DURANTE (Rom) den Antrag aut
die Darmwunde dreistufig genäht. Die Heilung erfolgte rasch. Am
Gründung eines chirurgischen Centralblattes, welches
siebenten Tage nach der Operation hatte Patentin zum ersten Male
dazu bestimmt wäre, italienische Originalarbeiten zu veröffentlichen
eine Stuhlentleerung, die' ganz schmerzlos war. Schon a'n zehnter
Der Vorschlag wurde mit grossem Beifall von der Versammlung
Tage konnte sie das Bett verlassen. Die Heilung ist eine voll-
angenommen. Nachdem dann Prof. DURANTE ein gedrängtesale
ständige. Die Untersuchung des exstirpirten Darmtheiles ergab, dass
der Arbeiten des vorjährigen Kongresses gegeben wurden die Ver-
es sich nicht um eine krebsige Neubildung, sondern um indurirt
sammelten durch den Präsidenten Prof. LoRETA (Bologna) in herz-
thronische Typhlitis und Perityphlitis tuberkulöse
lichster Weise begrüsst.
Natur gehandelt hat.
Hierauf begannen die wissenschaftlichen Vorträge.
Prof. TROMBETTA (Rom) theilt mit, dass er in einem Falle
das Coecum und einen Theil des colon ascendens wegen eines
Proj. Cecherelli (Parma): Die chirurgische Behandlung der
Tumors exstirpirt hat, den er für Carcinom gehalten hatte; in
tuberkulösen Peritonitis
Wirklichkeit hat es sich aber um eine Typhlitis und Perityphlitis
Der Vortragende hat die Laparotomie in vier Fällen von
mit kleinen disseminirten Abszessen gehandelt. Es wurde ein anus
Tuberkulose des Peritoneums ausgeführt. In einem Falle handelte
praeternaturalis gemacht. Der Kranke starb vierzehn Tage nach
es sich um eine 28jährige Frau, die während des Stillens ihres
der Opera-ion an einer septischen Peritonitis, die sich in Folge einer
fünften Kindes krank wurde. Patentin verlor den Appetit und ihr
Darmruptur und Austrittes von Fäkalmassen entwickelt hatte.
Abdomen nahm an Umfang zu. Bei der Laparotomie fand man das
Prof. BASSINI ( Padua) berichtet über einen Fall von Resek
kongestionirte und ödematöse Peritoneum stark mit Tuberkeln be¬
tion des Dick- und Dünndarms wegen Adenom bei eine
23jährigen Frau. Die Operation führte zur Heilung
säet. Nach Entleerung einer grossen Menge Flüssigkeit wurde die
Peritonealhöhle mit Thymolwasser gut ausgespült und hierauf mit
Jodoformpulver bestreut. Die Kranke genas, bis heute (sechs Monate
nach der Operation) sind keine Krankheitserscheinungen mehr auf
getreten. — Der zweite Fall betrifft einen 11jährigen Knaben, bei
welchem sich ein Ascites langsam entwickelt hatte, ohne von anderen
Krankheitserscheinungen begleitet zu sein Auch hier war das Peri
toneum mit Tuberkeln dicht besäet. Behandlung wie im ersten Falle
mit Thymol und Jodoform. Da der Ascites sich erneuert hatte.
nahm Redner die Laparotomie ein zweites Mal vor, wobei zahl
reiche Adhärenzen zwischen den Dünndarmschlingen vorgefunden
wurden. Jn excidirten Partien des Peritoneums konstatirte man
unter dem Mikroskop die Anwesenheit von vielen Tuberkelbacillen
Die damit angestellten Kulturen fielen jedoch negativ aus. Bei der
zum zweiten Male vorgenommenen Laparotomie fand man Tuberkel
in geringerer Zahl vor; an manchen Stellen waren die Tuberkel
von bindegewebiger Neubildung umgeben. Der Zustand des patienten
ist bezüglich des Peritoneums bis zur Stunde als gebessert anzu
sehen; in den Lungenspitzen sind indessen Infiltrationserscheinungen
nachzuweisen. — Der dritte und vierte Fall endlich betreffen einen
sechs- und achtjährigen Knaben. Bei beiden ist durch die Laparo-
tomie eine bedeutende Besserung erzielt worden.
Bisher sind in der Literatur 86 Fälle von tuberkulöser Peri
tonitis aufgezeichnet, die mittelst der Laparotomie behandelt wurden.
In diesen Fällen hat man 52 Mjal (?) Heilung und 6 Mal Besserung
des Krankheitszustandes erzielt; 25 Patenten sind gestorben; bei 5
ist das Resultat unbekannt.
Die klinischen und experimentellen Erfahrungen des Vor-
tragenden veranlassen ihn, zwei Formen der tuberkulösen Peritonitis
zu unterscheiden, nämlich: eine trockene Form und eine asci
tische Form. Bei der ersteren Form wäre ein operatives Vorgehen
aus leicht begreiflichen Gründen nutzlos. Von Vortheil ist hingegen
die Operation bei der zweiten Form und sie ist sogar nothwendig
in Fällen von eingekapseltem Flüssigkeitsergusse. In Fälien von
freiem Ascites kann man sich auch darauf beschränken, die, ein¬
fache Punktion der Peritonealhöhle mit nachfolgender Ausspülung
vorzunehmen: unter Umständen kann ja die einfache Punktion
dieselben günstigen Resultate wie die Laparotomie ergeben.
Prof. Durante (Rom): Exstirpation des Blinddarns.
Die Fälle von Ablation des Coecums sind sehr selten. Dem
Vortragenden sind nur zwei Fälle bekannt (der von BILLROTH und
Lawson Tait).
Dr. Angelini: Exstirpation einer Ovarialkyste bei einer
graviden Frau.
Der Vortragende hat eine voluminöse Ovarialkyste bei einer
Frau exstirpirt, die im fünften oder sechsten Monate schwanger
war und deren Schwangerschaft erst bei der Operation erkannt
wurde. Schon 15 Tage nach der Operation konnte Patentin
das Bett verlassen. Die Schwangerschaft nahm Anfangs einen
regelmässigen Verlauf, da aber die Frau anstrengende Arbeiter
ausführte und all^uhäufigen geschlechtlichen Verkehr übte, so gebar
sie einen Fötus nach Ablauf von 55 Tagen. Abgesehen von einer
gewissen Verlangsamung in der Involution des Uterus, traten keine
ernsten Folgen auf. Heute befindet sich Patentin ganz wohl. Dieser
Fall beweist, dass die Entfernung von Ovarialtumoren bei graviden
Frauen nicht nur möglich ist, sondern auch geboten erscheint in
Fällen, wo ein Abwarten von Nachtheil für die Kranke und für
die Entwicklung des Fötus wäre.
Prof. Loreta: Die digitale Dilatation bei Verengerungen der
Cardia und des Pylorus.
Der,Assistent der I. chirurgischen Klinik in Bologna, Dr. PoG61
theilt zwei Fälle von Stenose der Cardia und des Pylorus mit, die
von LORETA nach seiner Methode der dignalen Dilatation be¬
handelt wurden.
In dem ersten Falle handelte es sich um eine Verengerung
des Pylorus. Der betreffende Kranke hatte Vomitus sieben Stunder
nach jeder Mahlzeit. Man diagnosticirte eine Magendilatation. Bei
der Palpation war kein Tumor nachweisbar. Man incidirte in der
Medianlinie die Bauch- und Magenwand, führte zuerst einen, dann
zwei Finger in den stenosirten Pylorus ein und nahm die graduelle
Erweiterung desselben vor. Der Operirte genas vollständig, er erfreut
sich gegenwärtig einer guten Gesundheit und nichts lässt eine
Wiederkehr des alten Leidens befürchten.
Der zweite Kranke litt seit zwanzig Jahre### an einer Stenose
der Cardia. Nach Incision der Bauch- und Magenwand wurde die
verengerte Stelle zuerst durch die Finger, dann noch durch einen
Dilatator erweitert; zur Sicherstellung des erzielten Resultates
wurde durch den Mund eine Oesophagussonde eingeführt. Der
Kranke ist von seinem Leiden vollständig geheilt worden.
(Fortsetzung folgt.)