A63: Medizinische Schriften, Seite 12

zweite und dritte Satz, § 22 al. 2, § 24 Punct 1 rung der Erwerbssphäre der Aerzte ent¬
zogen, den durch die Qualition wesentlich herab-
gesetzten Aufwand dieses Theiles der Bevölkerin
§ 34 al. 3 hätten zu entfallen.
für ärztliche Hilfe auf einen kleinen Kreis von Aerzte
Selbstverständlich müsste das Princip des Weg
falles des freiwilligen Beitrittes in den' entsprechenden
gs den im Beginne der Lauf¬
vertheilt, diesen alle
bahn besonders schweren Kampf ums Dasein er¬
Paragraphen des Gesetzes consequent durchgeführt
leichtert, aber auf Kosten der grossen Masse ihrer
werden, daher auch im § 37 al. 1 u. s. w. dies zur
Collegen, Dass die Gesammtheit der Aerzte durch
Geltung zu bringen wäre.
4. In § 14 al. 2 wäre auch die gutächtliche Ein-
das Krankencassengesetz eine wesentliche Schmäle¬
rung ihres Einkommens erfahren hat, geht daraùs hervo
vernahme der Aerztekammer festzusetzen.
Insbe¬
dass ein erheblicher Theil der Cassenmitglieder (4>5%
§ 16 hätte zu lauten:..
aus «Freiwilligen», also im Sinne unserer obige
sondere liegt ihm die entsprechende Durchführun
einer wirksamen Krankencontrole ob. Diese Con
Ausführung der Wohlthat des Gesetzes nicht Be¬
trole hat durch Aerzte zu erfolgen.—
dürftigen besteht, wie aus der enorm hohen Zahl der
Krankenvereine und Hilfscassen, die ja auch auf dem
7. § 27 hätte zu lauten:
«Bei jeder Bezirkskrankencasse sind zur Bildun
Princip der Coalition gegen den ärztlichen Stand
der Reserve jährlich mindestens ein Zehntel de
beruhen. Im Jahre 1892 bestanden in Wien nicht
Jahresbetrages der Cassenbeiträge zu verwenden. Von
diesem Betrage ist ein nach § 39 zu bestimmender weniger als 383 Kranken- und Leichenvereine!
Die Weiterentwicklung des Krankencassen wesens
Theil dem Reservefonde des Cassenverbandes zuzu¬
führen; der Rest dient zur Bildung des Reservefondes | in diesem Sinne muss nothwendiger Weise zum Ruin
des ärztlichen Standes führen. Dass es
der Casse, welcher mindestens im Betrage der zwei¬
fachen durchschnittlichen Jahresausgabe anzusammeln aber hiezu nicht komme, ist nicht nur ein Gebot den
Gerechtigkeit gegenüber dem ärztlichen
und erforderlichenfalls wieder bis zu dieser Höhe
Stande, es liegt in letzter Linie auch im Staats
zu ergänzen ist. Für die Anlage der Reservefonde sind
die Bestimmungen über die Anlage von Pupillarver- interesse.
Denn der ärztliche Stand nimmt im Staatsleben
eine exceptionelle Stellung ein, er bildet geradezu
mögen massgebend.»
8. § 2 der Ministerial-Verord-nung vom
eine öffentliche Institution. Ohne die Mit
10. April 1889, R.-G.-Bl. 47, hätte zu lauten
«Das Schiedsgericht besteht aus einem ständigen I hilfe der Aerzte ist eine wirksame Handhabung de
Vorsitzenden, vier Beisitzern, von denen Einer Arzt öffentlichen Gesundheitspflege nicht denkbar, nich
sein muss und dessen Anwesenheit zur Fassung eines i nur bei Epidemien, sondern auch in Zeiten gesund¬
heitlichen Friedens appellirt der Staat an die Unter
giltigen Beschlusses nothwendig ist...
stützung der Aerzte, ja er legt ihnen sogar Pflichten
Die Wiener Aerztekammer spricht schliesslich die
auf, für welche es in keinem anderen Stand ein Ana¬
Bitte aus, im Falle des Stattfindens einer seitens des
logon gibt; das Gesetz zwingt den Arzt, selbst dort
k. k. hohen Ministeriums einberufenen mündlichen
Dienste zu leisten, wo er von vornherein gar kein
Enquête zur Entsendung von Delegirten
Aussicht auf Entlohnung hat. Verdient er hiefür
nicht das Aequivalent eines gewissen Schutzes seine
aufgefordert zu werden.
Existenz, in analoger Weise etwa, wie er dem
Apothekerstand gewährt wird?
Die Kammer erlaubt sich, nunmehr den Stand¬
Aber nicht nur, dass der ärztliche Stand eines
punkt zu kennzeichnen, den sie in der Kranker
solchen Schutzes entbehrt, das Krankencassengesetz
cassenfrage einnimmt.
Das sociale Reformwerk der Krankencassen-Ge- bildet eine schwere Gefährdung seiner Existenz, und
darum kann die ehrerbietigst gefertigte Wiener
setzgebung hat vielleicht bei keinem factor im Staats-
leben ein so tiefes Verständnis gefunden, wie bei den Aerztekammer nicht umhin, in der Kranken
cassenfrage sichzunächst auf den Stand¬
Aerzten. Ist es ihnen auch klar, dass ihre Interessen
punkt der Wahrnehmung der Interesse
naturgemäss in einem gewissen Gegensatze stehen
zu jenen der Krankencassen, deren Hauptzweck es des ärztlichen Standes zu stellen, wob
sie aber auch von dem Bewusstsein durchdrungen ist,
. ist, die ihren Mitgliedern zugesicherte ärztliche Hilfe
dass die Institution der Krankencassen, insoferne sie
um einen billigeren als den üblichen Preis, und
daher zum Nachtheile, das heisst auf Kosten der | sich auf den armen Theil der Bevölkerung bezieht
Aerzte zu erlangen, so schweigt ihr berechtigter. nicht nur des weitestgehenden staatlichen Schutze
würdig ist, sondern auch verdient, dass der Staat
Egoismus aus Gründen der humanität, insolange es
wenn es Noth thut, für ihre Erhaltung materiell
sich hiebei nur um die unbemittelte Class
der Bevölkerung handelt. Wenn aber das Gesetz über O pfer bringe, ebenso wie dem ärztlichen Stande selbst
niemals ein Opfer zu gross gewesen ist, noch je sein
diesen Kreis hinausgeht, wenn es durch die Gestattung
wird, welches im Interesse der kranken und der
des freiwilligen Beitrittes in den verschiedensten
armen Bevölkerung von ihm erwartet wird
Formen bemittelten Personen diese Wohlthat
Es frägt sich nunmehr, auf welche Weise dem
zuwendet, so statuirt es einerseits Wohlthaten für
ärztlichen Stande der ihm nothwendige Schutz auf
Personen, die derselben nicht bedürftig sind, unter
dem Gebiete des Krankencassenwesens zu Theil wer¬
Heranziehung der Beiträge der wirklich Armen, es
den könnte, ein Schutz, dessen Nothwendigkeit gewiss
schädigt andererseits den ärztlichen Stand.
von Niemandem bestritten wird.
Dass diese Schädigung eingetreten ist, lehren die
Eine grössere Zahl von Aerzten in Wien hat
Thatsachen. Die Erwerbsverhältnisse der Aerzte, aus
durch ihre Stellen als Cassenärzte für iure
vielfachen anderen Gründen, deren Erörterung hier
Existenz eine Grundlage erlangt, welche vielen ande-
zu weit führen würde, ohnehin schon notorisch in
stetigem Niedergange begriffen, sind durch, das ren fehlt. Wir halten es nun für ein Gebot der Ge¬
rechtigkeit, dass die unter staatlicher Patro-
Krankencassen- und durch das Hilfscassengesetz zu
nanz stehenden Cassen nach dieser Richtung hin nicht
einem wahren Nothstande geworden; denn diese
gewissermaßen privilegirte Existenzen schaffen, dass
Gesetze haben einen nicht unbeträchtlichen
Theil der zahlungsfähigen Bevölke- sie somit ihren erkrankten Mitgliedern die Wahl
Reform des Krankencassen - Gesetzes unterzogen.
ihres Arztes anheimgeben. Diese freie Arzt-
(Beifall.)
wahl liegt aber auch im' Interesse der
Sodann erstattet Dr. Heim das Referat über
Kranken selbst: Die Möglichkeit, sich den
den Antrag des Dr. Herz und Dr. Kolisko, be¬
Arzt seines Vertrauens zu wählen, ist dem Kranken
treffend die Befreiung der in Wien prakti¬
ein unschätzbarer Trost im Leiden. Der tröstende
cirenden Aerzte von der Leistung des
beruhigende, Hoffnungen erweckende Einfluss der
Kammerbeitrages während der ersten
Person des Arztes ist oft genug das Einzige, was er
vier Jahre nach der Promotion. Referent be¬
dem Kranken, dessen Lebensfaden gemessen ist, zu
antragt namens der Majorität des Vorstandes,
bieten vermag. Wo diese intime persönliche Be
solche weitgehende Befreiung einer ganzen Kate
ziehung zwischen Arzt und Kranken fehlt, wird de
von Aerzten von der Leistung des Kammerbeitrages
Erfolg des ärztlichen Handelns erschwert, und er wird
nicht zu bewilligen, empfiehlt dagegen die An
umsomehr gefährdet, wenn, wie bei dem gegenwärtigen
nahme nachstehender. Anträge des Vorstandes:
System, dem einzelnen Cassenarzte Hunderte von Kran
1. Die Kammer erklärt sich bereit, jener
ken überwiesen werden, für welche er gerade noch Zeit
findet, Recepte zu schreiben, aber nicht mehr, sie in-. Aerzten, die unter Angabe zutreffender rücksichts-
würdiger Gründe um die Nachsicht des Jahresbei
dividualisirend zu behandeln. Wir meinen daher,
dass das Krankencassengesetz den trages ansuchen, dieselbe zu gewähren.
2. Der Vorstand wird ermächtigt, die Gesuche
Cassenmitgliedern ausdrücklich die
Nachsicht des Jahresbeitrages zu erledigen.
freie Wahl des Arztes vorbehalten solle. Selbst
3. Ueber Antrag des Dr. Scholz empfiehlt
verständlich müssten in diesem Falle. Cautelen ge-
der Vorstand forner, Erhebungen über die Nach-
schaffen werden, um Missbräuche, die als Folge der
freien Arztwahl denkbar sind, hintanzuhalten, wie sichtsgesuche in der Weise zu pflegen, dass die'Ob¬
Aerzte, welche die ihrer Controle unterliegenden Kränner der ärztlichen Vereine ersucht werden, sich
z. B. die Ausübung der Controle der Kranken durch
über die Verhältnisse der in ihrem Bezirke wohn
haften Nachsichtswerber.zu äussern, resp. wenn
t gleichzeitig behandeln dürfen, u. s.
Naturgemäss knüpft sich an das Postulat der ihnen die Verhältnisse nicht bekannt sind, zwe
Colleg^n zu ersuchen, die Rücksichtswürdigkeit des
freien Arztwahl die Frage, ob dieselbe finanziell
Betreffenden sicherzustellen und mit ihrer Unter
durchführbar ist. Wir glauben, diese Frage mit dem
schrift zu bestätigen.
Hinweise auf die Stadt Leipzig bejahen zu können,
Zum letzteren Antrag stellt Referent den
wo die freie Arztwahl sich als-durchführbar erwiesen
hat. Sie wird auch bei uns und umso leichter mög-
Zusatzantrag:
lich sein, wenn durch Bildung grosser Cen-
4. Bei den in subalternen Stellungen, befind-
trälverbände die Verwaltungskosten
lichen Spitals- und Anstaltsärzten hat das Visum des
herabgemindert werden, und wenn von der Schaf
betreffenden Directors oder Anstaltsleiters auf den
Gesuchen als Bestätigung der Zahlungsunfähigkeit
fung eines Reservefonds entweder ganz abgesehen
oder dessen Bildung durch kleinere Zuschüsse als zwei zu dienen.
Zehntel des jährlichen Cassenbeitrages, also etwa
Dr. Teleky stellt den von ihm im Vorstande
jährlich ein Zehntel bewirkt wird, da dieser Beitra
als Minoritätsvotum angekündigten Antrag, es sei
für ausserordentliche Fälle das Auslangen nicht er
von den kammerpflichtigen Aerzten der Kammerbei
möglicht, wogegen für normale Zeiten auch ein ge¬
trag erst vom dritten Jahre nach der Promotion
ringerer genügt.
an einzuheben, so dass dieselben in den ersten zwei
Das zweite Mittel, um dem ärztlichen Stande
Jahren von dieser Leistung befreit wären.
den ihm gebührenden Schutz zu Theil werden z
Dr. Herz spricht sich gegen die Anträge des
lassen, besteht nach unserer früheren Auseinande
Referenten aus und beharrt auf seinem Antrags
setzung in der Beschränkung der Wirksam
Dr. Kolisko schliesst sich dem Antrage des
keit des Gesetzes ausschliesslich auf die
Dr. Teleky an und stellt für den Fall der Ablehnung
zum Beitritt Verpflichteten.
desselben den Eventualantrag, die Directionen der
Das dritte endlich in der Aufnahme von Be¬
Wiener Krankenhäuser seien zu ersuchen, für ihre
stimmungen in das Gesetz, welche geeignet
Subalternärzte, welche sich melden und in Beziehung
erscheinen, das Ansehen und die Würde des
auf ihre materiellen Verhältnisse Berücksichtigung
ärztlichen Standes zu schützen, welche einer
verdienen, um Befreiung vom Kammerbeitrage anzu¬
schweren Einbusse dadurch ausgesetzt sind, dass heute
die Cassenärzte bezüglich ihrer Anstellung und Ent¬ suchen.
Dr. Scholz befürwortet die Annahme der
hebung so wie bezüglich der Controle ihrer Thätigkeit
Referentenanträge.
oft genug von Cassenvorständen abhängig sind,
Dr. Gersuny schlägt folgende Modification
deren Einsicht für eine gerechte und würdige Be¬
des Antrages des Dr. Teleky vor:
handlung des Arztes keine Gewähr bietet.
Von dem Kammerbeitrage für das Jahr 1895
Von diesem Standpunkte aus sind obige Fragen
sind jene Aerzte befreit, deren Promotion aus den
beantwortet und wurden einige Wünsche zur
Jahren 1893, 1894 und 1895 datirt.
Kenntnis der hohen Regierung gebracht.
Dr. v. Khautz, Dr. Kramer und Dr. Weiss
unterstützen die Anträge des Vorstandes.
Dr. Schnabl schliesst sich dem Antrage des
Dr. Gersuny, resp. dem Eventualantrage de
Kimmersitzung
Dr. Kolisko an, spricht sich aber gegen den Anträ-
des Vorstandes bezüglich der Erhebungen über die
am 29. December 1894.
Nachsichtsgesuche durch Vertrauensmänner aus den
Vorsitzender: Präsident Dr. M. Gauster
ärztlichen Vereinen aus.
Dr. Jellinek beantragt: Die Aspiranten an
Der Vorsitzende spricht dem Krankencassen
den k. k. Krankenanstalten und den ihnen gleichge¬
Comité den Dank aus für die mühevolle Arbeit, der
es sich in Angelegenheit des Gutachtens über die ’ stellten Instituten sind vom Jahresbeitrage zu be¬