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Franziska (nach kurzer, verlegener Paufe). Uns allen. Wir
werden nie vergessen, daß Sie sein bester Freund waren. Für
jetzt muß ich Ihnen Adieu sagen, Gustav; ich muß noch
einiges besorgen. Meine Eltern sind im Salon. Sie gehen
wohl hinein?
Gustav. Gewiß! — Also auf Wiedersehen, Fräulein
Franzi — wenn nicht früher — im Herbste.
Franziska. Das thäte mir sehr leid. Also Adieu,
Adieu, Toni! (Ab.)
7. Auftritt.
Gustav. Toni.
Toni. Wirklich erst im Herbst?
Gustav. Es wird kaum anders gehen, Toni.
Toni. Lang ist das.
Gustav. Nicht gar so sehr.
Toni. Wenn Du wenigstens einmal im Laufe des
Sommers hinauskämst.
Gustav. Ich möchte es lieber nicht.
Toni. Warum denn?
Gustav. Du weißt wie die Leute sind. Einige im
Hause haben es schon sonderbar gefunden, daß ich während
der Krankheit des Kleinen täglich bei Euch war. Nicht wahr?
Du hast's ja ganz gut bemerkt. Es ist schon besser, ich komme
die nächste Zeit' nicht. Was nach Ablauf des Sommers ge¬
schehen soll, darüber können wir reden, wenn Du mit den
anderen vom Land zurückkommst.
Toni. Was soll denn geschehen?
Gustav. Das muß eben reiflich überlegt werden.
Toni. Du meinst — fortgehen? — Ja — wohin?
wohin?
Gustav. Auf die Dauer wirst Du doch nicht hier
bleiben können — oder wollen.
Toni. Du hast recht, Gustav. Schon heute ließen sie
mich gehen, wenn ich wollte. Ich sage Dir Gustav, an dem
Tag, wo wir vom Friedhof nach Hause gekommen sind, hätten
sie mich gehen lassen.
Gustav. Nein — so ist es nicht!
Toni. Ja... so ist es!
73
Gustav. Du vergißt Franzi.
Toni. Auch die ist nicht mehr, wie sie war. In dem
kleinen Grab liegt gar viel. — In ein paar Wochen dächte
niemand mehr an mich.
Gustav. Man würde gewiß für Deine Zukunft sorgen.
Toni. Darum ist mir nicht hang. Eine Arbeit wurde
ich schon finden.
Gustav. Auch das.
Toni. Aber vor dem Alleinsein hab' ich Angst! — Und
- bin ich ganz allein.
wenn ich einmal von hier fort bin
Gustav. Nicht verzweifeln, Toni. Das Leben geht
doch weiter, Toni, nicht wahr? — wer weiß, was es
noch bringt.
Toni. Was soll's mir denn bringen?
Gustav. Ich rede ja von einer Zeit, die noch sehr fern
- die Du Dir heut' noch garnicht vorstellen kannst. Aber
ist
diese Zeit wird kommen — das ist garnicht anders möglich.
Wenn Du einmal in einer anderen Umgebung bist, wirst Du
auch andere Menschen kennen lernen. Die Existenz wird
irgend einen neuen Sinn für Dich bekommen — Was können
wir heut' von all dem wissen?
Toni. Nein... nein
Gustav. Auch in unserem tiefsten Schmerz muß etwas
von der Hoffnung sein, daß er einmal aufhört — sonst könnten
wir ihn nicht überleben. Du bist noch jung — und Du
wirst auch wieder fühlen, daß Du jung bist — und irgend¬
einmal wirst Du am Ende auch an die Möglichkeit eines
neuen Glückes denken können.
Toni. Glück — für mich?... Nein, Gustav. Was
müßt' ich da sein! — Glück nach all' dem, was ich durch¬
gemacht habe! — Gustav, Gustav, wie kannst Du das
glauben?
Gustav. Nicht ein Glück, wie Du es erlebt hast. Ich
an
denke au irgend 'was sehr stilles — an ein Ausruhen
eine Art von Frieden — den man doch allein nie finden
kann.
Toni. Vor allem hab' ich Angst, Gustav — vor der
Verlassenheit... und auch davor — daß es einmal anders
sein könnte. Es ist schon das Beste, ich bleib hier — sonst ist
es aus — so oder so.
Als Manuscript gedruckt.
Franziska (nach kurzer, verlegener Paufe). Uns allen. Wir
werden nie vergessen, daß Sie sein bester Freund waren. Für
jetzt muß ich Ihnen Adieu sagen, Gustav; ich muß noch
einiges besorgen. Meine Eltern sind im Salon. Sie gehen
wohl hinein?
Gustav. Gewiß! — Also auf Wiedersehen, Fräulein
Franzi — wenn nicht früher — im Herbste.
Franziska. Das thäte mir sehr leid. Also Adieu,
Adieu, Toni! (Ab.)
7. Auftritt.
Gustav. Toni.
Toni. Wirklich erst im Herbst?
Gustav. Es wird kaum anders gehen, Toni.
Toni. Lang ist das.
Gustav. Nicht gar so sehr.
Toni. Wenn Du wenigstens einmal im Laufe des
Sommers hinauskämst.
Gustav. Ich möchte es lieber nicht.
Toni. Warum denn?
Gustav. Du weißt wie die Leute sind. Einige im
Hause haben es schon sonderbar gefunden, daß ich während
der Krankheit des Kleinen täglich bei Euch war. Nicht wahr?
Du hast's ja ganz gut bemerkt. Es ist schon besser, ich komme
die nächste Zeit' nicht. Was nach Ablauf des Sommers ge¬
schehen soll, darüber können wir reden, wenn Du mit den
anderen vom Land zurückkommst.
Toni. Was soll denn geschehen?
Gustav. Das muß eben reiflich überlegt werden.
Toni. Du meinst — fortgehen? — Ja — wohin?
wohin?
Gustav. Auf die Dauer wirst Du doch nicht hier
bleiben können — oder wollen.
Toni. Du hast recht, Gustav. Schon heute ließen sie
mich gehen, wenn ich wollte. Ich sage Dir Gustav, an dem
Tag, wo wir vom Friedhof nach Hause gekommen sind, hätten
sie mich gehen lassen.
Gustav. Nein — so ist es nicht!
Toni. Ja... so ist es!
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Gustav. Du vergißt Franzi.
Toni. Auch die ist nicht mehr, wie sie war. In dem
kleinen Grab liegt gar viel. — In ein paar Wochen dächte
niemand mehr an mich.
Gustav. Man würde gewiß für Deine Zukunft sorgen.
Toni. Darum ist mir nicht hang. Eine Arbeit wurde
ich schon finden.
Gustav. Auch das.
Toni. Aber vor dem Alleinsein hab' ich Angst! — Und
- bin ich ganz allein.
wenn ich einmal von hier fort bin
Gustav. Nicht verzweifeln, Toni. Das Leben geht
doch weiter, Toni, nicht wahr? — wer weiß, was es
noch bringt.
Toni. Was soll's mir denn bringen?
Gustav. Ich rede ja von einer Zeit, die noch sehr fern
- die Du Dir heut' noch garnicht vorstellen kannst. Aber
ist
diese Zeit wird kommen — das ist garnicht anders möglich.
Wenn Du einmal in einer anderen Umgebung bist, wirst Du
auch andere Menschen kennen lernen. Die Existenz wird
irgend einen neuen Sinn für Dich bekommen — Was können
wir heut' von all dem wissen?
Toni. Nein... nein
Gustav. Auch in unserem tiefsten Schmerz muß etwas
von der Hoffnung sein, daß er einmal aufhört — sonst könnten
wir ihn nicht überleben. Du bist noch jung — und Du
wirst auch wieder fühlen, daß Du jung bist — und irgend¬
einmal wirst Du am Ende auch an die Möglichkeit eines
neuen Glückes denken können.
Toni. Glück — für mich?... Nein, Gustav. Was
müßt' ich da sein! — Glück nach all' dem, was ich durch¬
gemacht habe! — Gustav, Gustav, wie kannst Du das
glauben?
Gustav. Nicht ein Glück, wie Du es erlebt hast. Ich
an
denke au irgend 'was sehr stilles — an ein Ausruhen
eine Art von Frieden — den man doch allein nie finden
kann.
Toni. Vor allem hab' ich Angst, Gustav — vor der
Verlassenheit... und auch davor — daß es einmal anders
sein könnte. Es ist schon das Beste, ich bleib hier — sonst ist
es aus — so oder so.
Als Manuscript gedruckt.