A98: Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 43

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Lolo. Das muß aber ein schlechter Mensch gewesen sein.
Philipp. Und einer, der hat sich die historischen
Persönlichkeiten herausgeschnitten, Nordpolfahrer und
Komponisten und solche Leut', und ich hab' mir die
Damen vom Theater gesammelt. Schau'n viel besser
aus. Zweihundertdreizehn. Ich zeig' sie dir einmal, Papa.
Sehr interessant. Eine australische Operettensängerin ist
auch d'runter.
Lolo. Ich hab' ja gar nicht gewußt, daß Durch-
laucht einen Sohn haben. Und noch dazu einen so großen.
Philipp. Ja, Fräulein, ich hab' bis jetzt im
Verborgenen geblüht.
Fürst. Jetzt besorgst du das aber recht auffällig,
das muß man sagen.
Lolo. Aber lassen Sie ihn, Durchlaucht, ich hab's
gern, wenn so junge Leute ein bissel vif sind.
Philipp. Also Fräulein ziehen sich jetzt ins
Privatleben zurück? Sehr schad'. Grad, wo ich endlich
das Vergnügen haben könnte, Sie auf den Brettern zu
bewundern, welche die Welt bedeuten...
Lolo. Sehr charmant, Durchlaucht, aber leider hat
man keine Zeit, auf die heranwachsende Jugend zu
warten. Und für die Gereisteren bin ich halt jetzt ein
etwas zu hoher Jahrgang.
Fürst. Wie man hört, vermählen Sie sich ja dem-
nächst, Fräulein?
Lolo. Ja, ich trete in den heiligen Stand der Ehe.
Philipp. Und wer ist denn der Glückliche, Fräu¬
lein, wenn man fragen darf?
Lolo. Wer? Da draußen sitzt er auf dem Bock.
Komtesse. Wie? Der Kutscher?
Lolo. Aber Gräfin — Kutscher! — Höchstens wie
der Herr Papa — verzeih'n schon — wenn er zufällig
einmal seine Braunen selber fährt. Fiakereigentümer
mein Verlobter, Hausbesitzer und Bürger von Wien, der
selber nur auf den Bock steigt, wenn's ihn halt freut und
wenn er für jemanden eine besondere Hochschätzung hat.
Jetzt führt er einen gewissen Baron Radeiner. Jetzt grad,
Gräfin, hat er ihn zu Ihrem Herrn Papa herausgeführt.
Der geht mir übrigens ab, der Herr Radeiner.
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Philipp. Erlaube, mich vorzustellen: Baron Radeiner.
Lolo. Sie, Durchlaucht?
Philipp. Ich fahr' überhaupt, seit ich in Wien
bin, nur mit dem Wasner.
Lolo. Unter einem angenommenen Namen, Durch¬
laucht. Da kommt man Ihnen auf schöne G'schichten.
Graf (kommt erhitzt). Guten Tag. (Ueberblickt die
Situation.) Ah!
Lolo. Habe die Ehre, Herr Graf. Ich habe näm¬
lich so frei sein wollen.. ich wollte mich bedanken für
das prachtvolle Bouquet.
Graf. Aber bitte, bitte, sehr angenehm.
Fürst. Lieber alter Freund, also hier ist er, mein
Sohn Philipp.
Philipp. Es ist mir eine große Ehre, Herr Graf.
Graf (reicht ihm die Hand). Seien Sie willkommen
in meinem Haus. Betrachten Sie es jederzeit als das
Ihrige. Es scheint, ich brauche nicht mehr bekannt zu machen.
Komtesse. Nein, Papa.
Graf (nicht ohne Verlegenheit). Es ist sehr char¬
mant von Ihnen, Fräulein. Sie wissen ja selbst am
besten, wie sehr ich Sie immer bewundert hab'.... Aber
sagen Sie mir nur, wie sind Sie denn eigentlich heraus¬
gekommen? Ich hab' da nämlich gerade meine Prome¬
nade auf der Hauptstraße gemacht, wo alle Wagen vor¬
bei müssen, und ich hab' Sie gar nicht gesehen.
Lolo. Ja, Herr Graf, was glauben Sie denn!
Die Fiakerzeit ist jetzt vorbei für mich. Ich bin natürlich
mit der Stadtbahn herausgefahren, wie sichs für mich schickt.
Graf. So, so.... Aber wie ich höre, ist doch Ihr
Herr Bräutigam selbst.
Lolo. Ja, der hat natürlich feinere Passagiere,
wie mich.
Philipp. Ich habe nämlich das Vergnügen ge¬
habt, mit dem Bräutigam des Fräuleins hier heraus zu
fahren.
Graf. Sie fahren mit dem Wasner? Da hört sich
psychologische Zusammenhänge.
doch alles... jaja
(Ihm offerierend). Zigarre gefällig?