B17: Brandes, Georg 17 (2) Schnitzler an Brandes, Seite 18

Lieber und verehrter Herr Brandes,
innigen Dank für Ihre herzlichen Worte. Es ist etwas er-
quickendes in der Art, wie Sie einem Worte sagen, die von einem andern
ausgesprochen, eben nichts als Worte wären. Ich bin jung, sagen Sie? Nun,
wenn es selbst so wäre,- unter gewissen Umständen sind Jugend, Frühling,
Sonne so traurige Dinge, dass man in ihrem Bewusstsein zusammenschauert
statt sich zu freuen. Diese Abende, die ich jetzt manchmal auf dem
Land draussen verbringe, die Orte, wir ich hinkomme, alles das dampft
von Erinnerungen;- ahnt man eben, wie tief manche Grüber sind!-
Verzeichen Sie dass ich schon wieder davon rede; während
Sie selbst ohnedies nicht in der glücklichsten Stimmung sind. Ich wuss-
te absolut nicht, dass Sie noch immer bettlägerig waren; wie gern
möchtig ich endlich hören, dass Sie ganz genesen sind. Dabei ist doch
sehr erfreulich, dass die Sache völlig unbedenklich ist und dass Sie
dabei arbeiten und sich über den Zusammenfluss von Büchern und Brie-
fen auf Ihrer Bettdecke freuen. Der Erfolg Ihre Gesamtausgabe ist ja
selbstverständlich. Ludwig Fulda, auf dessen Schreibtisch ich vor
ein paar Wochen Ihre Gedichte liegen sah, hab ich ein wenig um sein
dänisch können beneidet. Die Zukunftsnummer vom 7.April hab ich noch
nicht gesehen, lasse sie mir durch meine Buchhandlung kommen.
Ich will in diesem Frühjahr noch einige kleine Touren
(mit dem Rade zumeist) in der Umgegend von Wien machen; immer neues
entdeckt man in diesem wunderschönen aber vertrottelten Niederöster-
reich.
Leben Sie wohl, mein verehrter Herr Brandes und
seien vielmals gegrüsst
Ihr Arthur Schnitzler
19.5.99.
Votre très-hier
1er
8.6.99.
Verehrtester Herr Brandes, eine Bitte diesmal, deren Erfüllung
Ihnen hoffentlich nicht allzu viel Mühe macht. Ein Herr Jontif(?)
hat eine Übersetzung des „grünen Kakadu“ ins französische an Antoine
in Paris geschickt. Ich weiss nun kaum, ob Antoine meinen Namen
kennt. Wenn Sie aber ihm ein Wort schreiben, er solle das Ding auf-
merksam durchlesen, so thut er's gewiss. Also dass Sie ihm sagen:
"Lesen Sie den “Peroquet vert“- bitte ich Sie;- nichts andres,
keine "Empfehkung" - oder dergleichen.
Es ist doch nicht zu unbescheiden, hoff ich? Sind Sie nun
endlich ausser Bett? Und wohl und heiter? Ihr treuer
Arthur Schnitzler