Arthur Schnitzler
Anina: Ich glaube, nein. Vielmehr — er ging schon aus
(da Gudar befremdet scheint)
Nun ja, wie Sie, Herr von Gudar, der doch
Gewiß gleich ihm den Tag herangewacht.
Gudar: Uns Greisen frommt kein Schlaf. Zu töricht wär' es,
Dem Wuchrer Tod, der bald des Dasein Schuld
Im ganzen holt, allnächtlich Vorschuß zahlen.
Anina (lächelt): Sie hatten wohl heut' nacht kein Glück im Spiel?
Gudar: Dergleichen stört mir längst die Laune nicht.
Mich kümmert kein Verlust, kaum noch Gewinn.
Anina: Was also kümmert Sie?
Der Karten Fall.
Gudar:
Anina: Wenn's Ihnen gleich gilt, wie sie Ihnen fielen?
Gudar: So sagt' ich nicht. Aufs neue lockt's mich stets,
Den Schicksalsmächten mich zum Kampf zu stellen.
Anina: Ein großes Wort für so geringes Ding.
Gudar: Warum gering? Ob ich die Karten frage,
Ob wer mich ansprengt im Gewühl der Schlacht,
Ob, wie's wohl in vergangner Zeit sich traf,
Mich einer Maske Funkelaug' vom Tanz
In eines Gartens Rätseldämmer rief,
Nicht Angst noch Jubel hat mich je durchschauert,
Nicht Haß noch Zärtlichkeit mein Blut gejagt
Nur immer dies: Was willst du, Feind im Dunkel?
Schicksal, was willst du mir? — So auch im Spiel.
Dies blieb mir nun allein. So ist’s mir viel.
Anina: Und also — wer blieb Sieger heute nacht?
Gudar: Sie wissen's nicht?
Wie sollt' ich
Anina:
Hat Ihr Gatte —?
Gudar:
Anina (rasch): Ich schlief schon, als er heimkam. Hört' ihn kaum
Und morgens weckte mich sein Fortgehn nicht.
Doch freilich ist mir — und noch klingt’s mir nach
Als wär's wie Gold durch meinen Schlaf geronnen
Und Stück' um Stücke rollten dort hinein.
(Zum Sekretär, öffnet ihn, Goldstücke liegen zutage.)
Gudar: So leiser Schlaf und ein so lauter Gatte!
Anina (auf das Gold weisend): Ihr Gold, Herr von Gudar?
Noch gestern abend.
Gudar:
Heut' Herrn Andreas Gold.
O, wenn Sie etwa
Anina:
(Sie macht sich mit dem Geld zu schaffen.)
Ich zweifle nicht — Andrea wird — (in einiger Verlegenheit) wieviel
Die Schwestern
Gudar (ste unterbrechend): Ich habe nichts verloren, gnäd’ge Frau.
Herr Bassi nur gewann.
Wer denn verlor?
Anina:
Gudar: Herr Casanova. Doch da seine Barschaft
Sehr bald in nichts zerfloß, hat sich's gefügt
Im Hin und Her des Spiels, daß all mein Gold
Vor Herrn Andrea Bassi sich gehäuft.
Anina: And Casanova —?
Schuldet alles mir,
Gudar:
Was er verlor. Ein andermal — vielleicht
Heut' abend schon — vielleicht erst übers Jahr
In Homburg oder wo es immer sei,
Begleicht er, was ich gern ihm vorgestreckt.
Anina (wie fragend): Er ist ein Ehrenmann
Auf Sicht, wie ich.
Gudar:
Von einem Tag zum andern wird man's wieder;
Und regt zur Zwischenzeit ein Zweifel sich
Ein Degenstoß beschwichtigt ihn sofort.
Anina: Sie kennen ihn nicht erst seit gestern abend?
Gudar (lacht): Herrn Casanova? In Venedig schon,
Lang eh' er unter dem berühmten Bleidach
Freigeisterei und leicht’re Sünden büßte,
Er noch ein Fant, doch schön und frech wie heut’,
Ich von der Jugend letztem Glanz umsonnt,
Schon damals maßen unsere Kräfte wir,
Und nicht am Spieltisch nur. Zehn Jahre sind's!
Noch steigt sein Stern, da meiner längst erblich.
Anina: Sie lieben ihn nicht sehr?
Und doch nicht wen'ger,
Gudar:
Als meiner Jugend Bild ich lieben müßte,
Begegnet's plötzlich mir im Licht des Tags.
Sie kannten ihn noch nicht?
Nur seinen Namen.
Anina:
Gudar: Sprach ihn Herr Bassi je vor Ihnen aus?
Die Gatten lieben seinen Namen nicht.
Anina: Andrea Bassi ist mein Gatte nicht.
Gudar: Noch nicht. Mag sein. Doch kenn’ ich Menschen so,
Wie's mir nach sechzig Jahren Weltfahrt ansteht,
So denk' ich, daß Herrn Bassis Bürgersinn
Der lieben Vettern Gunst so schwer entbehrt,
Als Ihre Frommheit, holde Frau Anina,
Der Kirche heil'gen Spruch und Ehesegen.
Und ist bei rauhem Wind in fremden Landen
Anina: Ich glaube, nein. Vielmehr — er ging schon aus
(da Gudar befremdet scheint)
Nun ja, wie Sie, Herr von Gudar, der doch
Gewiß gleich ihm den Tag herangewacht.
Gudar: Uns Greisen frommt kein Schlaf. Zu töricht wär' es,
Dem Wuchrer Tod, der bald des Dasein Schuld
Im ganzen holt, allnächtlich Vorschuß zahlen.
Anina (lächelt): Sie hatten wohl heut' nacht kein Glück im Spiel?
Gudar: Dergleichen stört mir längst die Laune nicht.
Mich kümmert kein Verlust, kaum noch Gewinn.
Anina: Was also kümmert Sie?
Der Karten Fall.
Gudar:
Anina: Wenn's Ihnen gleich gilt, wie sie Ihnen fielen?
Gudar: So sagt' ich nicht. Aufs neue lockt's mich stets,
Den Schicksalsmächten mich zum Kampf zu stellen.
Anina: Ein großes Wort für so geringes Ding.
Gudar: Warum gering? Ob ich die Karten frage,
Ob wer mich ansprengt im Gewühl der Schlacht,
Ob, wie's wohl in vergangner Zeit sich traf,
Mich einer Maske Funkelaug' vom Tanz
In eines Gartens Rätseldämmer rief,
Nicht Angst noch Jubel hat mich je durchschauert,
Nicht Haß noch Zärtlichkeit mein Blut gejagt
Nur immer dies: Was willst du, Feind im Dunkel?
Schicksal, was willst du mir? — So auch im Spiel.
Dies blieb mir nun allein. So ist’s mir viel.
Anina: Und also — wer blieb Sieger heute nacht?
Gudar: Sie wissen's nicht?
Wie sollt' ich
Anina:
Hat Ihr Gatte —?
Gudar:
Anina (rasch): Ich schlief schon, als er heimkam. Hört' ihn kaum
Und morgens weckte mich sein Fortgehn nicht.
Doch freilich ist mir — und noch klingt’s mir nach
Als wär's wie Gold durch meinen Schlaf geronnen
Und Stück' um Stücke rollten dort hinein.
(Zum Sekretär, öffnet ihn, Goldstücke liegen zutage.)
Gudar: So leiser Schlaf und ein so lauter Gatte!
Anina (auf das Gold weisend): Ihr Gold, Herr von Gudar?
Noch gestern abend.
Gudar:
Heut' Herrn Andreas Gold.
O, wenn Sie etwa
Anina:
(Sie macht sich mit dem Geld zu schaffen.)
Ich zweifle nicht — Andrea wird — (in einiger Verlegenheit) wieviel
Die Schwestern
Gudar (ste unterbrechend): Ich habe nichts verloren, gnäd’ge Frau.
Herr Bassi nur gewann.
Wer denn verlor?
Anina:
Gudar: Herr Casanova. Doch da seine Barschaft
Sehr bald in nichts zerfloß, hat sich's gefügt
Im Hin und Her des Spiels, daß all mein Gold
Vor Herrn Andrea Bassi sich gehäuft.
Anina: And Casanova —?
Schuldet alles mir,
Gudar:
Was er verlor. Ein andermal — vielleicht
Heut' abend schon — vielleicht erst übers Jahr
In Homburg oder wo es immer sei,
Begleicht er, was ich gern ihm vorgestreckt.
Anina (wie fragend): Er ist ein Ehrenmann
Auf Sicht, wie ich.
Gudar:
Von einem Tag zum andern wird man's wieder;
Und regt zur Zwischenzeit ein Zweifel sich
Ein Degenstoß beschwichtigt ihn sofort.
Anina: Sie kennen ihn nicht erst seit gestern abend?
Gudar (lacht): Herrn Casanova? In Venedig schon,
Lang eh' er unter dem berühmten Bleidach
Freigeisterei und leicht’re Sünden büßte,
Er noch ein Fant, doch schön und frech wie heut’,
Ich von der Jugend letztem Glanz umsonnt,
Schon damals maßen unsere Kräfte wir,
Und nicht am Spieltisch nur. Zehn Jahre sind's!
Noch steigt sein Stern, da meiner längst erblich.
Anina: Sie lieben ihn nicht sehr?
Und doch nicht wen'ger,
Gudar:
Als meiner Jugend Bild ich lieben müßte,
Begegnet's plötzlich mir im Licht des Tags.
Sie kannten ihn noch nicht?
Nur seinen Namen.
Anina:
Gudar: Sprach ihn Herr Bassi je vor Ihnen aus?
Die Gatten lieben seinen Namen nicht.
Anina: Andrea Bassi ist mein Gatte nicht.
Gudar: Noch nicht. Mag sein. Doch kenn’ ich Menschen so,
Wie's mir nach sechzig Jahren Weltfahrt ansteht,
So denk' ich, daß Herrn Bassis Bürgersinn
Der lieben Vettern Gunst so schwer entbehrt,
Als Ihre Frommheit, holde Frau Anina,
Der Kirche heil'gen Spruch und Ehesegen.
Und ist bei rauhem Wind in fremden Landen