Arthur Schnitzler
Andrea: In Rätseln sprechen Sie.
Casanova: Flaminia warf ein Aug' auf Sie — ich weiß.
Doch Santis hält's — drum aufgepaßt, mein Freund
Mit seinem Gattenrecht nach Laun' und Vorteil.
Nachsichtig bald, als wär' er taub und blind,
Bald lauernd eifersüchtig wie ein Türke,
Verliebter Gatte gestern, Kuppler heut
Im Einverständnis bald mit seiner Schönen
Und bald auf eigne Faust ein Wüterich —
Und hielt, daß man den Liebsten ihr nicht störe,
Er gestern Wache vor Flaminiens Tür,
So mag ein anderer, der ihm nicht genehm —
Sich feigsten Anschlags heut von ihm versehn —
(mit Bedeutung)
Wofern nicht zeit'ge Warnung ihn bewahrt.
(Sehr rasch das Folgende.)
gewarnt?
Andrea: Sie aber sind
Ich bin es
Casanova:
Sind's
Andrea:
Durch wen?
Casanova: Durch sie.
Flaminia selbst —?
Andrea:
Wen sonst?
Casanova:
Andrea: Sie — und Flaminia
Was verwundert Sie?
Casanova:
Andrea: So ist's ein alter Haß, der Sie bedroht?
Casanova: Wohl möglich
Nach — verjährtem Liebesglück —?
Andrea:
Casanova: Zum dritten Male kreuz' ich ihren Weg.
Doch heute nacht erst war das Glück mir hold.
Andrea: Heut nacht — Und wer hat's dem Baron entdeckt?
Casanova gögernd): Wie ich vermute, sah er, wohlverborgen
Im finstern Schatten der Allee — (unterbricht sich).
Sah — was?
Andrea:
Casanova: Wie ich durchs Fenster in den Garten sprang.
Andrea: And warum hätt' er sich versteckt gehalten?
Casanova: Weil ein Verdacht an seiner Seele nagte
Seit unserm heitern Abendschmaus von gestern.
Andrea: Bei dem nach rechts und links mit gleicher Huld
Sie Ihres Geistes frohe Gaben schenkten.
Casanova: Doch ungleich kam die Huld an mich zurück,
Wie Santis' Mißtrau'n ahnungsvoll gewahrte.
Und war's auch nur ein hingehauchtes Wort,
Die Schwestern
Das mir Flaminia zugeraunt — es scheint,
Daß der Baron sich's wohl zu deuten wußte.
Andrea: And dieses Wort —
Schon manchem ist's erklungen,
Casanova:
Und matteher hört's nach mir.
Jedoch das Wort — 7
Andrea;
Casauova: „Komm heut um Mitternacht, die Tür steht offen.“
Andrea : Lind stand auch offen?
Daran zweifl' ich kaum.
Casanova:
Doch braucht' es nicht der Tür. Sie harrte mein
Am offnen Fenster — und so nahm ich lieber,
Der lockend sich mir bot, den kürzern Weg;
Zurück den gleichen, und nur allzubald,
Sie wissen's, fand ich mich am Spieltisch wieder.
Andrea: Und in den Wohnen dieser Nächt ertönte
Zugleich die Warnung, die zur Flucht Sie zwingt?
Casanova: Es hüten sich mit fug, mein junger Freund,
Erfahrene Frau'n, der Liebe Melodie
Durch unerwünschten Mißklang jäh zu enden.
Auch war mir wohl bewußt, wie ihr, daß nur
Sehr dünne Wand den Raum, in dem wir weitten,
(mit leichter Verneigung)
Von einer keuschern Dame Zimmer schied,
Die, wie man keinen Augenblick vergaß,
In wacher Sehnsucht ihres Liebsten harrte.
So rann die Stunde süß, doch stumm dahin.
Andrea: Wie also? — Was? — Ist’s das Gewissen nur,
Ist's böse Ahnung, die zur Flucht Sie drängt?
Casanova: Nicht doch, ein Brief.
Ein Brief
Andrea:
Hier, lesen Sie.
Casanova (wie zögernd):
Andrea (ien): „Bist Du, wie ich nicht zweifle, Casanova,
Ein Edelmann, so wirst Du einer Frau,
Die Du errätst, den einz'gen Dank nicht weigern,
An dem ihr Leben und das Deine hängt.
Ich darf Dich nicht mehr sehn. Flieh aus der Stadt.“
(Läßt das Billett finden.)
Und weiter nichts
Ich denk, es ist genug,
Casanova:
Andrea: Die „Warnung“ find’ ich nicht.
„Flieh aus der Stadt
Easanova:
Ich darf Dich nicht mehr sehn!“ Kein andrer Anlaß
Als Angst um mich entringt ihr diesen Schrei.
Ost t. HOFBURDato
STEFRANGEIBEL
18 AUG. 1919
ENBURG &
Andrea: In Rätseln sprechen Sie.
Casanova: Flaminia warf ein Aug' auf Sie — ich weiß.
Doch Santis hält's — drum aufgepaßt, mein Freund
Mit seinem Gattenrecht nach Laun' und Vorteil.
Nachsichtig bald, als wär' er taub und blind,
Bald lauernd eifersüchtig wie ein Türke,
Verliebter Gatte gestern, Kuppler heut
Im Einverständnis bald mit seiner Schönen
Und bald auf eigne Faust ein Wüterich —
Und hielt, daß man den Liebsten ihr nicht störe,
Er gestern Wache vor Flaminiens Tür,
So mag ein anderer, der ihm nicht genehm —
Sich feigsten Anschlags heut von ihm versehn —
(mit Bedeutung)
Wofern nicht zeit'ge Warnung ihn bewahrt.
(Sehr rasch das Folgende.)
gewarnt?
Andrea: Sie aber sind
Ich bin es
Casanova:
Sind's
Andrea:
Durch wen?
Casanova: Durch sie.
Flaminia selbst —?
Andrea:
Wen sonst?
Casanova:
Andrea: Sie — und Flaminia
Was verwundert Sie?
Casanova:
Andrea: So ist's ein alter Haß, der Sie bedroht?
Casanova: Wohl möglich
Nach — verjährtem Liebesglück —?
Andrea:
Casanova: Zum dritten Male kreuz' ich ihren Weg.
Doch heute nacht erst war das Glück mir hold.
Andrea: Heut nacht — Und wer hat's dem Baron entdeckt?
Casanova gögernd): Wie ich vermute, sah er, wohlverborgen
Im finstern Schatten der Allee — (unterbricht sich).
Sah — was?
Andrea:
Casanova: Wie ich durchs Fenster in den Garten sprang.
Andrea: And warum hätt' er sich versteckt gehalten?
Casanova: Weil ein Verdacht an seiner Seele nagte
Seit unserm heitern Abendschmaus von gestern.
Andrea: Bei dem nach rechts und links mit gleicher Huld
Sie Ihres Geistes frohe Gaben schenkten.
Casanova: Doch ungleich kam die Huld an mich zurück,
Wie Santis' Mißtrau'n ahnungsvoll gewahrte.
Und war's auch nur ein hingehauchtes Wort,
Die Schwestern
Das mir Flaminia zugeraunt — es scheint,
Daß der Baron sich's wohl zu deuten wußte.
Andrea: And dieses Wort —
Schon manchem ist's erklungen,
Casanova:
Und matteher hört's nach mir.
Jedoch das Wort — 7
Andrea;
Casauova: „Komm heut um Mitternacht, die Tür steht offen.“
Andrea : Lind stand auch offen?
Daran zweifl' ich kaum.
Casanova:
Doch braucht' es nicht der Tür. Sie harrte mein
Am offnen Fenster — und so nahm ich lieber,
Der lockend sich mir bot, den kürzern Weg;
Zurück den gleichen, und nur allzubald,
Sie wissen's, fand ich mich am Spieltisch wieder.
Andrea: Und in den Wohnen dieser Nächt ertönte
Zugleich die Warnung, die zur Flucht Sie zwingt?
Casanova: Es hüten sich mit fug, mein junger Freund,
Erfahrene Frau'n, der Liebe Melodie
Durch unerwünschten Mißklang jäh zu enden.
Auch war mir wohl bewußt, wie ihr, daß nur
Sehr dünne Wand den Raum, in dem wir weitten,
(mit leichter Verneigung)
Von einer keuschern Dame Zimmer schied,
Die, wie man keinen Augenblick vergaß,
In wacher Sehnsucht ihres Liebsten harrte.
So rann die Stunde süß, doch stumm dahin.
Andrea: Wie also? — Was? — Ist’s das Gewissen nur,
Ist's böse Ahnung, die zur Flucht Sie drängt?
Casanova: Nicht doch, ein Brief.
Ein Brief
Andrea:
Hier, lesen Sie.
Casanova (wie zögernd):
Andrea (ien): „Bist Du, wie ich nicht zweifle, Casanova,
Ein Edelmann, so wirst Du einer Frau,
Die Du errätst, den einz'gen Dank nicht weigern,
An dem ihr Leben und das Deine hängt.
Ich darf Dich nicht mehr sehn. Flieh aus der Stadt.“
(Läßt das Billett finden.)
Und weiter nichts
Ich denk, es ist genug,
Casanova:
Andrea: Die „Warnung“ find’ ich nicht.
„Flieh aus der Stadt
Easanova:
Ich darf Dich nicht mehr sehn!“ Kein andrer Anlaß
Als Angst um mich entringt ihr diesen Schrei.
Ost t. HOFBURDato
STEFRANGEIBEL
18 AUG. 1919
ENBURG &