A115: Konvolut Zeitungsausschnitte, Seite 7

14196 Haus der Abgeordneten. — 293. Sitzung der XI. Session am 18. Mai 1894.
(Gelächter), und ich werde nunmehr diese Anträge Habermann, Graf Hompesch, Dr. Roser, Dr
Ritter v. Kraus, Potoczek, Freiherr v. Morsey,
geschäftsordnungsmäßig behandeln lassen.
Wünscht der Herr Antragsteller, dass seine Dr. Keil, Dr. Rutowski.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hájek.
Anträge als drei getrennte Anträage gedruckt werden,
Abgeordneter Hájek: Hohes Haus! Während der
oder als ein Antrag?
Abgeordneter Peruerstorfer: Als drei ge- / letzten dreifahre, seit dieses hohe Haus seine Thätigkeit
begonnen hat, sind verschiedenartige Anträge zur Re¬
gelung und Verbesserung der socialen, sowie wirtschaft¬
trennte Anträge.
Präsident: Diesem Wunsche wird Rechnung lichen Lage verschiedener Stände in diesem hohen Hause
getragen werden. (924, 925 und 926 der Beilagen.) mit mehr oder minder gutem Resultate zur Verhand¬
lung gebracht worden. Dabei haben sich insbesondere
Abgeordneter Pernerstorfer: Ich bitte um die Wehrvorlagen eines großen Entgegenkommens von
das Wort zu einer Anfrage an den Herrn Präsidenten. Der Majorität des Hauses erfreut
Nun wäre es aber auch die Pflicht des Parla¬
Präsident: Der Herr Abgeordnete Perner
mentes, in erster Linie jene der Regierung gewesen,
storfer hat das Wort.
Abgeordneter Pernerstorfer: Es waren am endlich einmal durchgreifende Maßregeln zu treffen,
gestrigen Tage zwei Sitzungen in der Gesammtdauer um die wirtschaftlichen Verhältnisse des am meisten
von etwa 12 bis 14 Stunden. Auch die einfachen / belasteten Theiles des Mittelstandes, insbesondere des
Sitzungen sind gewöhnlich sehr lange. Ich möchte nun / kleinen und mittleren Handels= und Gewerbestandes
zu verbessern, zumal die Gefahr wächst, dass dieser
den Herrn Präsidenten fragen, ob Vorsorge dafür Stand von dem Großcapitale successive aufgezehrt
getroffen ist, daß für diese übermäßige Arbeitszeit die werde. Die Lage des Mittelstandes im Handel und Ge¬
Herren Stenographen in besonderer Weise entschädigt werbe ist in der That heute eine bedenkliche schon des¬
halb, weil die Regierung des Grafen Taaffe in dieser
werden. (Bravo!)
Präsident: Ich kann erklären, dass am Schlusse Beziehung so viel wie gar nichts gethan hat.
Allerdings hatte sich jene Regierung zuguterletzt
der Session die Frage, wie die Herren Stenographen
wegen ihrer wirklich außerordentlich großen An¬ herbeigelassen, einen wegen Rücksichtnahme auf das
strengung durch Ertheilung von Remunerationen wachsende sociale Bedürfnis vielfach sympathischen
entschädigt werden, auch diesmal gewiss von dem Wahlreformgesetzentwurf dem hohen Hause vorzulegen,
doch das war bekanntlich ihr Untergang. Der seitens
Präsidium erwogen werden wird. (Beifall.)
Wir gelangen zur Tagesordnung, das ist der liberalen Partei, die sich durch den Entwurf hart
die Fortsetzung der Specialdebatte über den getroffen und ihrer an sich gerissenen Hegemonie ent¬
Staatsvoranschlag für das Jahr 1894 (800 kleidet fühlte, gegen diese Wahlreform inscenirte
und zu 800 der Beilagen), und zwar steht in Verhand¬
lung Capitel 27, Handelsministerium, a) Eigent= vor, dass auch der sonst so umsichtige Herr Graf
licher Staatsaufwand, Titel 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8, Hohenwart sich überrumpeln ließ, mit dem Herrn
ferner in der Bedeckung Capitel 33, Titel 1 bis 8 v. Plener eineioalition zum Sturze des Ministeriums
und die hiezu vom Budgetausschusse beantragten Anträge Taaffe einzugehen.
Unsere Partei als eine oppositionelle hat nicht
bezüglich der Resolutionen und Petitionen, welche dem
viel Ursache, den Sturz des Ministeriums Taaffe zu
hohen Hause gedruckt vorliegen.
(Specialberichterstatter Dr. Hallwich besteigt) beklagen. Ob sich indessen die beiden an der Qualition
theilnehmenden autonomistischen Parteien unter der
die Tribüne.)
Als Regierungsvertreter sind im hohen intellectuellen Führung des Herrn v. Plener, dessen
Hause erschienen die Herren Sectionschefs: Freiherr Vorliebe für alle slavischen Völker, insbesondere aber
v. Weigelsperg und Dr. v. Körber, die Herren für die böhmische Nation allgemein bekannt ist, gegen¬
Ministerialräthe Dr. v. Mataja, v. Thaa, Arz¬ wärtig wohler befinden, ist eine andere Frage, die sie
berger, /Herr Sectionsrath v. Ebner und Herr | sich selbst beantworten mögen.
Die jetzige Regierung hat bei ihrem Antritte die
Oberbaurath Hillinger.
Es haben sich zum Worte gemeldet, und zwar Erklärung abgegeben, alle politischen, staatsrechtlichen
contra die Herren Abgeordneten Hájek, Kulp, und nationalen Wünsche beiseite zu schieben und nur
Tekly, Spinéié, Kaiser, Biankini, Dr. Gess= den wirtschaftlichen Aufgaben volle Thatkraft zuwenden
mann, Dr. Kaizl, Purghart, Garnhaft. Dr. zu wollen. So verlockend dieses Programm auch schein¬
Samánek, Dr. Graf Kaunic, Dr Zákek, Hauck, bar klingt, so kann doch selbst ich, ein schlichter, kleiner
Schwarz, Dr. Lueger, Schneider, Jax, pro Kaufmann, der sich in die hohe Politik nicht gerne viel
die Herren Abgeordneten Lugul, Ritter Stalitz, einmischt, demselben durchaus nicht zustimmen, da ich
Freiherr v. Kübeck. Dr. Fux, Dr. Hofmann v. die Ansicht theile, dass nur mit einem positiven, con¬
Wellenhof, Wimhölzel, Oberndorfer, Dr. creten socialresormprogramm in diesem hohen Hause
25418 Haus der Abgeordneten. — 502. Sitzung der XI. Session am 27. Mai 1896.
zurück, selbst wenn sie von Seiner Excellenz dem Mini¬ Lebensdauer schon mit Waffengewalt ihr Ansehen er¬
halten muss.
sterpräsidenten kommt. (Beifall.)
Da wird sich das Ministerium Badeni keiner
Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeord= langen Lebensdauer zu erfreuen haben. Ich habe ge¬
schlossen. (Beifall.)
nete Dr. Vasaty (Unruhe).
Präsident: Wünscht noch jemand das Wort?
Abgeordneter Dr. Vasaty: Seien Sie nicht
unwillig, die Sache ist zu wichtig; wenn es sich um (Niemand meldet sich.) Es ist nicht der Fall, die
Menschenleben handelt, kann man nicht bloß Minuten! Debatte ist daher geschlossen.
Ich ersuche die Herren, die Plätze einzunehmen,
opfern. Ich bin mit den Ausführungen des Herrn
Ministerpräsidenten nicht einverstanden; er sagte vor weil wir abstimmen werden. (Nach einer Pause:)
allem, daß Präventivmaßregeln dem betreffenden Die beiden Herren Antragsteller wünschen die An¬
Beamten überlassen werden müssen, und wir haben wendung aller Dringlichkeiten nach §. 42 der Ge¬
gehört, was der betreffende Bezirkshauptmann in schäftsordnung, nämlich die sofortige Verhandlung
Reichenberg für eine Verordnung erlassen hat. Er hat im Hause, wozu es einer Zweidrittel-Majorität
das Versammlungsrecht, ein staatsgrundgesetzliches bedarf.
Ich ersuche diejenigen Herren, welche die Dring
Recht mit einem Federzuge aufgehoben. Aus prakti
scher Erfahrung durch den Ausnahmszustand in Prag lichkeit annehmen wollen, sich zu erheben. (Geschieht.)
wissen wir, dass nur die ganze Regierung ein Aus¬ Die Dringlichkeit ist abgelehnt, und es werden
nahmsgesetz von den staatsgrundgesetzlichen Freiheiten die Anträge daher geschäftsordnungsmäßig be¬
erlassen kann, und daß überdies das Abgeordneten¬ handelt werden. (1525 und 1526 der Beilagen.)
Ich werde mir nunmehr erlauben, zum Schlusse
haus diesen Schritt der Regierung zu bestätigen hat
Und nun, meine Herren, soll auf einmal der Bezirks- der Sitzung zu schreiten.
Der Herr Abgeordnete Fürnkranz hat sich un¬
hauptmann in Reichenberg darüber entscheiden! Haben
mir dann noch Staatsgrundgesetze, haben wir dann wohl gemeldet.
Es ist ein Dringlichkeitsantrag vom Herrn
noch eine verantwortliche Regierung?
Es hat mich sehr düster gestimmt, meine Herren, Abgeordneten Dr. Pacák und Genossen in Noth¬
dass der Ministerpräsident keinen Wahrscheinlichkeits= standssachen überreicht worden, um dessen Verlesung
grund, nicht einen einzigen gefunden hat dafür, dass ich ersuche.
das Blutvergießen unumgänglich nothwendig gewesen
Schriftführer Hütter (liest):
ist, dass es nicht zu vermeiden gewesen ist. Das haben
„Dringlichkeitsantrag des Abgeord¬
wir nicht gehört. Wir müssen die Sache doch ernst
nehmen. Es wurde nicht einmal behauptet, dass es nete Dr. Pacák und Genossen, betreffend den
absolut nothwendig war, von der Waffengewalt Ge¬ Nothstand in der Gemeinde Zabor, Bezirk
brauch zu machen, und was haben wir von der ver¬
antwortlichen Regierung gehört? Es ist schon der
Vom 5. bis 9. Mai wurde die Gemeinde Zabor
Oberstlieutenant der Gendarmerie in Reichenberg und von großen Überschwemmungen heimgesucht, welche
der wird die Sache untersuchen. Ich sage es voraus, einen Schaden an Feld und Gut über 12.000 fl. ver¬
dass dem betreffenden Commandanten der Gendar¬
merie nichts geschehen und dass er noch belobt werden
Am 20. Mai wurde die Gemeinde Zabor aber¬
und die Regie=/ mals von einem Wolkenbruche beschädigt
wird.
Das ist nicht constitutionell —
Nachdem die Gemeinde Zábor in den Jahren
rung hat sich doch als constitutionell vorgestellt, dass
sie hier dem Parlamente Rede stehen soll, wenn es 1886, 1890 und 1891 von gleichen Calamitäten ge¬
sich um Menschenleben und um das Leben von Staats= schädigt worden war, ist der Nothstand in der Ge¬
bürgern handelt. Wir hören leere Ausreden, das ist meinde Zabor ein großer.
keine constitutionelle Regierung. Ich will darauf nicht
Wir stellen deshalb den Antrag:
zurückkommen, dass man versprochen hat, nach den
Das hohe Haus wolle beschließen:
Staatsgrundgesetzen zu regieren; es wird nicht nach
Die k. k. Regierung wird aufgefordert,
den Staatsgrundgesetzen regiert gegenüber dem böh=
diesen Fall schnellstens untersuchen zu lassen,
mischen Volke, es wird nicht nach den Reichsgrund¬
mit Staatssubvention zu unterstützen und die
gesetzen regiert, und nicht einmal die richterlichen Eide
verfassungsmäßigen Credite in Anspruch zu
werden gehalten.
nehmen.
Wenn man aber gerade derjenigen Bevölkerung
In formaler Rücksicht beantragen wir nach
gegenüber so regiert, welche der Hilfe am meister
§. 42 der Geschäftsordnung diesen Antrag
bedarf, so ist dies thatsächlich ein schlimmes Zeichen
mit allen Abkürzungen zu verhandeln und nach
für die Ära Badeni, wenn sie nach ihrer kurzen