A115: Konvolut Zeitungsausschnitte, Seite 10

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25418 Haus der Abgeordneten. — 502.. Sitzung der XI. Session am 27. Mai 1896.
zurück, selbst wenn sie von Seiner Excellenz dem Mini¬
Lebensdauer schon mit Waffengewalt ihr Ansehen er
sterpräsidenten kommt. (Beifall.)
halten muss.
Da wird sich das Ministerium Badeni keiner
Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeord¬ langen Lebensdauer zu erfreuen haben. Ich habe ge¬
nete Dr. Vasatý (Unruhe).
schlossen. (Beifall.)
Abgeordneter Dr. Basaty: Seien Sie nicht
Präsident: Wünscht noch jemand das Wort?
unwillig, die Sache ist zu wichtig; wenn es sich um
(Niemand meldet sich.) Es ist nicht der Fall, die
Menschenleben handelt, kann man nicht bloß Minuten Debatte ist daher geschlossen.
opfern. Ich bin mit den Ausführungen des Herrn
Ich ersuche die Herren, die Plätze einzunehmen,
Ministerpräsidenten nicht einverstanden; er sagte vor weil wir abstimmen werden. (Nach einer Pause:)
allem, dass Präventivmaßregeln dem betreffenden
Die beiden Herren Antragsteller wünschen die An-
Beamten überlassen werden müssen, und wir haben wendung aller Dringlichkeiten nach §. 42 der Ge¬
gehört, was der betreffende Bezirkshauptmann in schäftsordnung, nämlich die sofortige Verhandlung
Reichenberg für eine Verordnung erlassen hat. Er hat
im Hause, wozu es einer Zweidrittel-Majorität
das Versammlungsrecht, ein staatsgrundgesetzliches bedarf.
Recht mit einem Federzuge aufgehoben. Aus prakti
Ich ersuche diejenigen Herren, welche die Dring¬
scher Erfahrung durch den Ausnahmszustand in Prag lichkeit annehmen wollen, sich zu erheben. (Geschieht.)
wissen wir, dass nur die ganze Regierung ein Aus¬
Die Dringlichkeit ist abgelehnt, und es werden
nahmsgesetz von den staatsgrundgesetzlichen Freiheiten die Anträge daher geschäftsordnungsmäßig be
erlassen kann, und dass überdies das Abgeordneten¬
handelt werden. (1525 und 1526 der Beilagen.)
haus diesen Schritt der Regierung zu bestätigen hat
Ich werde mir nunmehr erlauben, zum Schlusse
Und nun, meine Herren, soll auf einmal der Bezirks¬
hauptmann in Reichenberg darüber entscheiden! Haben
Der Herr Abgeordnete Fürnkranz hat sich un¬
mir dann noch Staatsgrundgesetze, haben wir dann wohl gemeldet.
noch eine verantwortliche Regierung?
Es ist ein Dringlichkeitsantrag vom Herrn
Es hat mich sehr düster gestimmt, meine Herren,
Abgeordneten Dr. Pacák und Genossen in Noth-
dass der Ministerpräsident keinen Wahrscheinlichkeits¬
standssachen überreicht worden, um dessen Verlesung
grund, nicht einen einzigen gefunden hat dafür, dass ich ersuche.
das Blutvergießen unumgänglich nothwendig gewesen
ist, dass es nicht zu vermeiden gewesen ist. Das haben
Schriftführer Hütter (liest):
wir nicht gehört. Wir müssen die Sache doch ernst
„Dringlichkeitsantrag des Abgeord¬
nehmen. Es wurde nicht einmal behauptet, dass es nete Dr. Pacák und Genossen, betreffend den
absolut nothwendig war, von der Waffengewalt Ge
Nothstand in der Gemeinde Zábo r, Bezirk
brauch zu machen, und was haben wir von der ver
Kuttenberg.
antwortlichen Regierung gehört? Es ist schon der
Vom 5. bis 9. Mai wurde die Gemeinde Zabor
Oberstlieutenant der Gendarmerie in Reichenberg und
von großen Überschwemmungen heimgesucht, welche
der wird die Sache untersuchen. Ich sage es voraus
einen Schaden an Feld und Gut über 12.000 fl. ver¬
dass dem betreffenden Commandanten der Gendar¬
ursachten.
merie nichts geschehen und dass er noch belobt werden
Das ist nicht constitutionell —, und die Regie¬
rung hat sich doch als constitutionell vorgestellt, dass
sie hier dem Parlamente Rede stehen soll, wenn es
sich um Menschenleben und um das Leben von Staats¬
bürgern handelt. Wir hören leere Ausreden, das ist
keine constitutionelle Regierung. Ich will darauf nicht
zurückkommen, dass man versprochen hat, nach den
Staatsgrundgesetzen zu regieren; es wird nicht nach
den Staatsgrundgesetzen regiert gegenüber dem böh¬
mischen Volke, es wird nicht nach den Reichsgrund
gesetzen regiert, und nicht einmal die richterlichen Eide
werden gehalten
Wenn man aber gerade derjenigen Bevölkerung
gegenüber so regiert, welche der Hilfe am meister
bedarf, so ist dies thatsächlich ein schlimmes Zeichen
für die Ära Badeni, wenn sie nach ihrer kurzen
Am 20. Mai wurde die Gemeinde Zabor aber-
mals von einem Wolkenbruche beschädigt.
Nachdem die Gemeinde Zabor in den Jahren
1886, 1890 und 1891 von gleichen Calamitäten ge-
schädigt worden war, ist der Nothstand in der Ge
meinde Zabor ein großer.
Wir stellen deshalb den Antrag:
Das hohe Haus wolle beschließen:
„Die k. k. Regierung wird aufgefordert,
diesen Fall schnellstens untersuchen zu lassen,
mit Staatssubvention zu unterstützen und die
verfassungsmäßigen Credite in Anspruch zu
nehmen.
In formaler Rücksicht beantragen wir nach
§. 42 der Geschäftsordnung diesen Antrag
mit allen Abkürzungen zu verhandeln und nach