-85-
kultivierten Zeit auch von der Verkündigung vollzogener Heiraten,
insbesondere aber von öffentlichen Hochzeitsfeiern als von einer
völlig barbarischen Sitte Abstand nehmen würde. Robert liess ihn
eine Weile weiterreden,um ihn sich günstig zu stimmen,endlich aber,
als sich Leinbach seiner Gewohnheit nach in endlose philosophische
Erörterungen verlieren wollte, unterbrach er ihn mit der Bemerkung,
dass er ihn aus einem ganz bestimmten, leider recht ernsten Grun-
de zu einer Unterredung hieher gebeten habe. Und unter dem Siegel
strengster Verschwiegenheit vertraute er ihm seine Besorgnisse
wegen Ottos Gesundheitszustand an;-und fragte ihn,ob nicht auch
ihm in der letzten Zeit der unruhige Blick, die übertriebene Reiz-
barkeit, der sonderbare Gang Ottos aufgefallen sei.
„Ich sehe ihn selten“, sagte Doktor Leinbach und zog
.
die Stirn in Falten,
"Ich möchte gleich bemerken", fuhr Robert fort,"dass
hier et
ich nicht der Einzige bin, der Otto verändert findet. Auch Marian-
ne ergeht es nicht anders. Und sähst du ihn öfter, so wurde es
dir gewiss nicht entgangen sein, wie sein Wesen im Laufe des letz-
ten Jahres sich getrübt und verdüstert hat."
"Verdüstert", wiederholte Leinbach mit einer wichtigen
Miene. "Das dürfte stimmen. Natürlich verdüstert sich sein Wesen.
Wie könnte es auch anders sein. Auch meines verdüstert sich, wenn
auch offenbar auf eine andere, minder augenfällige Weise als es
bei Otto der Fall ist. Vielleicht auch merket du es besser an
ihm weil er dir näher steht als ich. Aber glaube mir, wenn in je-
male einem Arzt begegnest, dessen Wesen in einen gewissen Alter.
sagen wir zwischen vierzig und fünfzig, licht bleibt, dann kann
kultivierten Zeit auch von der Verkündigung vollzogener Heiraten,
insbesondere aber von öffentlichen Hochzeitsfeiern als von einer
völlig barbarischen Sitte Abstand nehmen würde. Robert liess ihn
eine Weile weiterreden,um ihn sich günstig zu stimmen,endlich aber,
als sich Leinbach seiner Gewohnheit nach in endlose philosophische
Erörterungen verlieren wollte, unterbrach er ihn mit der Bemerkung,
dass er ihn aus einem ganz bestimmten, leider recht ernsten Grun-
de zu einer Unterredung hieher gebeten habe. Und unter dem Siegel
strengster Verschwiegenheit vertraute er ihm seine Besorgnisse
wegen Ottos Gesundheitszustand an;-und fragte ihn,ob nicht auch
ihm in der letzten Zeit der unruhige Blick, die übertriebene Reiz-
barkeit, der sonderbare Gang Ottos aufgefallen sei.
„Ich sehe ihn selten“, sagte Doktor Leinbach und zog
.
die Stirn in Falten,
"Ich möchte gleich bemerken", fuhr Robert fort,"dass
hier et
ich nicht der Einzige bin, der Otto verändert findet. Auch Marian-
ne ergeht es nicht anders. Und sähst du ihn öfter, so wurde es
dir gewiss nicht entgangen sein, wie sein Wesen im Laufe des letz-
ten Jahres sich getrübt und verdüstert hat."
"Verdüstert", wiederholte Leinbach mit einer wichtigen
Miene. "Das dürfte stimmen. Natürlich verdüstert sich sein Wesen.
Wie könnte es auch anders sein. Auch meines verdüstert sich, wenn
auch offenbar auf eine andere, minder augenfällige Weise als es
bei Otto der Fall ist. Vielleicht auch merket du es besser an
ihm weil er dir näher steht als ich. Aber glaube mir, wenn in je-
male einem Arzt begegnest, dessen Wesen in einen gewissen Alter.
sagen wir zwischen vierzig und fünfzig, licht bleibt, dann kann