A230: Und einmal wird der Friede wieder kommen, Seite 57

(Kries)
(1915)
Man spricht von dem läuternden Einfluss des Kriegs auf den
Einzelnen in dem Sinn, dass nämlich der Krieg Eigenschaften zu Tage
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fördern soll, die sonst verborgen geblieben wären.
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Solche Eigenschaften spielen in der Seelenökonomie keine Rolle.
Es ist ganz gleichgültig, ob d er Buchbinder X., der Schuster Y. der
Bankbeamte Z. seine Brust den feindlichen Kugeln mutig darbietet. Wenn
er heimkehrt, wird er ganz der Gleiche sein, der er gewesen ist, und
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wird alle jene Eigenschaften, die keinen Zusammenhang mit den Erlebnis-
Lassen
sen des Kriegs haben, die guten wie die schlechten, weiter betätigen.
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Der wirlliche Held findet in Alltagsdasein hundertfache Gelegenheit,
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sich zu betätigen.
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Man soll die Bedeutung beruflicher Kühnheit von Gelegenheitstugenden
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nicht überschätzen. Jeder Arzt z.B.setzt im Laufe seiner Existen sich
tausendfachen Lebensgefahren aus., Trotzdem gibt es unter Aeraten per-
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zentuell ich mehr edle und nicht mehr mutige Menschen als unter den
Advokaten beispielsweise. Berufstugenden haben für dei Entwicklung der
Menschheit nichts zu bedeuten, xxx fast so wenig wie Berufslaster. Es
gibt eine berufliche Schamlosigkeit der Dirnen, eine bernfliche Fröm-
migkeit der Geistlichen, eine berufliche Kühnheit der Soldaten. Dass
auch die Gelegenheit alle diese Tugenden zur Erscheinung oder mindestens
zur Entwicklung bringen kann, ebenso wie alle Laster, weist darauf hin,
dass die Keine entweder erst von Sturm der Ereignisse in die Seelen ge-
tragen wurden, oder dass in ihnen eben alle Tugenden und Laster im
Keime schon von Geburt an vorhanden sind.