A236: Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 294

sie nach Haus gekommen. (die hungrigen Augen der Frau Berger
bemerkend) Wollen sie sie haben?
au Berger: Ich will Sie nicht berauben.
rau Klaehr: Nehmen Sie nur, Frau Berger.
rau Berger: Also wenn sie erlauben, Frau Klaehr... (isst die
Semmel) Wir haben seit acht Tagen kein gebäck im Haus g'habt.
sorger: Ein Slück, dass unsere Einquartierung das nicht erlebt hat.
Die habn ja nie genug gehabt. Die wär'n schön greb geworden.
Friede ihrer Asche.
rau Berger: Wissens, Frau Klaehr, das Pfund Kalbfleisch kostet,
wenn mans kriegt, einen Gulden geben sie acht, Hungersnot
kommt auch noch. Kein Wunder, wenn man aus die Kirchen Wach-
stuben macht. Und keine Frohnleichnamsprozession ist heuer
auch nicht.
erger: Es gibt eh schon Leut, die am Verhungern sind. Die Gefange-
nen, die unsrigen nämlich, die kriegen überhaupt so gut wie
nix zum essen. Viele laufen auf der Strassen herum und bet-
teln. Aber die, wo sie leider Platz haben zum Einsperren, die
lamentieren, dass mans bis auf die strassen hört. Gestern war
deswegen
nichly
ja so ein Auflauf am Spittelberg. Haben Sie nix davon gehört,
Frau Klaehr? Der Tischlermeister Tell ist verhaftet worden bei
der Gelegenheit.
da, das hab ich schöst; aber ich weiß nicht evarum.
Frau Klaehr: Der Tell, der bei der Bürgermilte Hauptmann ist?
erger: Na ja, grad deswegen; er hat nämlich die Wach vor den Hof-
stallungen gehabt und wie der Auflauf war, (da ist er dagegen
eingeschritten.
rau Klaehr: Ja, das ist unser Bürgermilitär/ Dazu lassen sie sich
gebraucken.
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