B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 24

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A.S. an H.v.H.
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Wien, 28. Juni 96.
Mein lieber Hugo, ich lege Ihnen einen Zettel bei,
da steht darauf, wo ich für Briefe zu erreichen bin
und bis wann, In Wien bin ich noch bis zum
Freitag (spätestens ) (3.Juli).-
Ich wollte eben niederschreiben, dass ich mich „freu
und habe gezögert, weil die Freude nicht ganz rein
ist. Es ist, durch heftigeres Erklingen früherer
Lebensbeziehungen, in der letzten Zeit wieder man-
che Unruhe in mich gekommen, die in manchen
Stunden, besonders Abendstunden allein auf dem
Land, schmerzlich bewegt. Nun weiss ich nicht, ob
sich das da oben gänzlich beruhigen wird oder ob
nicht vielleicht noch dunklere Traurigkeit kommen
mag. Ich leide gewies an einer gewissen (sentimen-
talen!) Ueberempfindlichkeit für gewisse Begriffe,
die Terne, Einsamkeit,und Vergangenes. Das hängt
wohl mit meiner mangelnden Fähigkeit abzuschlies-
sen zusammen. Abzuschliessen in jedem Sinne.
Fehler meines Lebens und meiner Kunst sind daraus
zu erklären.
- Das Stück reiset natürlich mit; ist Ihnen noch
was dazu eingefallen?
Ist das eine Ihrer Soldatengeschichten, die Sie
schreiben?-
Sie hören sehr bald von mir und lassen mich wohl
auch nicht lange ohne Nachricht. Empfehlen Sie
mich Ihren Eltern.
Seien Sie herzlich gegrüsst.
Ihr
Arthur.
iqua...
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A.S.an H.v.H.
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Dienstag Früh, 96?
Lieber Hugo, ich vergass Ihnen zu schreiben, dass
heute Dienstag Abend nichts bei mir ist.- Ihre
Antwort gestern Früh hatte ich wohl erwartet
aber ich konnte den Versuch nicht weigern. Im übri-
gen musste auch ich absagen und hätte auch Ihnen
abgesagt, da ich schrecklich verkühlt bin.-
Hier sind Ihre drei Stücke. Ich habe mich beim lesen
sehr gefreut. Am reinsten hat der weisse Fächer auf
mich gewirkt; käme es zwischen Fortunio und Miranda
irgendwo, am besten wohl am Schluss, zu einem lebhaf-
ten Sichselber und Einanderverstehen - ganz kurz,
aber stark, so wäre das Stück etwas vollkommenes.
Bei der jungen Frau hab ich zum Schluss meinen
lieben Kaufmann wieder herbeigesehnt. Hoffentlich
lassen Sie ihn erscheinen, bei welcher Gelegenheit
er vielleicht auch aufklären könnte, wieso die junge
Frau sich über den Sohn des Teppichhändlers in so
furchtbarer Weise durch viele Jahre täuschen konn-
Meine Karte mit dem Brief von Andrian haben Sie be-
te.
kommen?
Herzlichen Grues
Ihr
Arthur.