B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 61

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Tahrn, 10.8.1901.
Mein lieber Hugo, seit vier Wochen bin ich hier, und
habe mich, in angenehmer Gesellschaft, mit Neigung zu
Arbeit und einigem Fleiss und gelegentlichem Talent,
in einer wunderbaren Luft, mit Sonne und Wald, recht
behaglich gefühlt. Montag reisen wir nach Bozen, wo
man Goldmann trifft; dann nach Trient, und endlich et-
wa 16.8.gehts nach Welsberg im Pusterthal, Bad Wald-
brunn, das ich neulich entdeckt habe und von dem ich
mich wundere, dass es kaum bekannt ist.Ende August
möchte ich in Wien sein, vor allem zwei neue Einakter
diktieren, die der „Literatur“ vorangehen sollen. Die
drei Stückchen sind nur durch eiden Grundgedanken
verbunden, und eines mag immer das andere beleuchten.
Auch das dreiaktige Stück kann bald beendet sein. Ich
freue mich auf einen schönen Septemberabend, wo wir
einander allerlei erzählen und vorlesen können. Um den
verlorenen Innsbrucker. Abend tut es mir sehr leid.
Anonymität wäre übrigens gar nicht vonnöten gewesen,
jeder Grund fehlt, besonders Ihnen und Ihrer Frau
gegenüber. Wir waren abends damals an der Bahn,-
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der andere einzige Ort, wo man im Freien speisen
kann, nachdem mir der dritte einzige Ort, in der
Nähe der Weierburg, nicht zusagte.
Viel Freude habe ich heuer wieder vom Radfahren
gehabt und mich mehr als einmal an unsere Fahrt am
Genfersee erinnert, die nun drei Jahre hinter uns
liegt. Ich höre hoffentlich noch von Ihnenmehr wir
un wiedersehen.
Herzliche Grüsse Ihr Arthur.
Wenn Poldi bei Ihnen ist, grüssen Sie ihn vielmals.
Michel hat mir einen so netten Brief geschrieben.
Auch Bahr, den Sie ja öfters sehen, grüssen Sie herz-
lich. Und empfehlen mich Ihrer Frau.
Ihr
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