B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 62

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V.
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A.S. an H.v.H.
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Wien, 29.3.1902.
Mein lieber Hugo, da ich aus Ton und Inhalt Ihres
Briefes entnehme, dass Sie wirklich, wenn auch in einer
von mir nicht geshnten, nicht für möglich gehaltenen
Weise und wahrhaftig nicht ganz berechtigten Weise
verletzt sind, so liegt es mir vor allem am Herzen
Ihnen zu sagen, dass mir das beinah weh, nicht nur
leid tut. Hätte ich eine Ahnung gehabt, dass Sie auf
diese Frühstückssache irgendeinen beträchtlichen Wert
legen, hätten Sie mir z. B. geschrieben: es wäre mir
angenehm - es ist mein spezieller Wunsch etc. ich
hätte natürlich kein Absagetelegramm an Sie geschickt,
obzwar das mit der Unbequemlichkeit in den nächsten
Tagen wahrhaftig keine Ausrede war. Ich glaube auch,
dass ich nicht abgesagt hätte, wenn Sie mich zu sich
geladen hätten, aber so spielte auch, halb unbewusst
die Ueberlegung mit:"ein neues Haus,-ich, der gar
nirgends hingeht". Das letztere soll natürlich keine
Entschuldigung sein, sondern wird hier nur beigefügt,
### da es zur Vollständigkeit gehört. Sie werden
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A.S. an H.v.H.
ich
gewiss erwidern, dass schon aus dem Umstand, das
Sie mir überhaupt geschrieben haben, entnehmen müsste,
es handelte sich um einen herzlichen Wunsch von Ih-
nen. Bei näherer Ueberlegung sehe ich das ein, und
es war unrecht von mir, so rasch, ohne Würdigung die-
ses Umstands, Ihnen abzutelegraphieren. Aber die Hoff-
nung einer Bekanntschaft für nächstens, die ich am
Schluss ausgesprochen habe, war keine Phasse, und
dass Ihr Aerger über mich geschwunden ist, werden
Sie bei unserm nächsten Zusammensein am besten da-
durch beweisen, dass Sie lieber auf den letzten als
auf den ersten Satz meines Telegramms zurückgrei-
fen. Denken Sie freundlichst noch einmal dran, dass
ich seit sehr vielen Jahren kein mir fremdes Hans
betreten habe und Sie werden vielleicht spüren, dass
ich mit dem Wort von der Unbequemlichkeit mich
selber mehr ins Unrecht gesetzt habe, als notwendig
war. Das wesentliche ist und bleibt:mir kam Ihr heu-
tiger Brief so überraschend wie möglich-denn als io
mein Telegramm absandte, war ich mir absolut nicht