B51: Kesser, Hermann, Seite 24

froly
Een
Lieber, sehr verehrter Herr Dr. Arthur Schnitzler,
ich überlege eben, was ich Ihnen gestern in einer etwas
dunklen Stunde geschrieben habe und befürchte fast, dass Ihnen
mein Brief als der typische Ausdruck eines unzufriedenen Autors
erscheint, der noch überdies seine Empfindungen auf Ihre Schultern
ablädt, die doch wirklich schon genug zu tragen haben.
Ich habe, glaube ich, Folgendes nicht klar genug gesagt:
Dass nämlich Zsolnay mit seinem Verhalten mich nicht nur augen-
blicklich und in unmittelbarster Wirkung schädigt. Er hat mir auch
alle Aussichten auf ein gut finanziertes Weiterarbeiten beseitigt.
Er hat mich, wie ich sagen möchte, in geschäftlicher Beziehung
degradiert. Und das spüre ich jetzt, wo es gilt mich für meine
neuen Sachen einzusetzen. Ich habe ihn um die Jahreswende herum
gebeten, er möchte doch das fünfte bis zehnte Tausend des Romans
drucken, weil einzig dadurch meinem Prestige als Autor, das durch
ihn verletzt worden ist, wieder aufgeholfen werden könnte. Um
diese Sache geht es nun. Sie wissen ja, lieber Herr Doktor Arthur
Schnitzler, wie sich zuweilen die Dinge in der Oeffentlichkeit
auf einen ganz bestimmten Punkt hin zuspitzen. So steht es zur
Zeit bei mir, und aus dieser wirklich drückenden Notlage, die mein
ganzes Fortkommen gefährdet, wende ich mich an Sie. Und motiviere
nochmals meinen gestrigen Brief, damit Sie ihn ja nicht missver-
stehen. Von Ihrer kollegialen Anteilnahme habe ich so schöne Be-
weise bekommen, dass ich mir unmöglich denken kann, ich spräche
vollkommen in die Luft hinaus.
Nochmals bitte ich Sie, in den Versuch, in der Ange-
legenheit, wenn es irgendwie geht zu intervenieren. Ich habe durch
Korrespondenz garnichts erreicht. Verlagsdirektor Costa hat mir
lediglich mit diplomatischen Wendungen geantwortet. wannscheinlich
würde es ja auch garnichts nützen, wenn man nur mit scharfen
Worten vorginge.
Ich bin
Ihr treu ergebener, Sie verehrender
fermannkester
Lainzerstrasse 3
esbaden
22. 5. 29