B82b: Reinhardt, Max (Holländer u.a.) Deutsches Theater u.a. 1920–1928, Seite 9

lassen.
2) Hinsichtlich des Aufführungstermins Ihres Werkes
scheint mir das richtige Gefühl für eine urteilsfähige
Aufnahmefähigkeit des Publikums und der Presse besonders
wichtig, da inbeiden die Elemente, die durch langjähri-
ge Gewöhnung an Zensur anerzogen sind, mit ihrer Aufhe-
bung keineswegs verschwunden, wie mich die Erfahrung
dieser Saison gelehrt hat, sondern nach wie vor noch
sehr wirksam sind. Bei meinem nachdrücklichen Wunsche,
Ihr Werk frühzeitig zu bringen, möchte ich Sie daher doch
bitten, mich nicht zeitlich binden, sondern mir das Ver-
trauen zur Festsetzung des geeigneten Aufführungstermin
schenken zu wollen.
3) Bei dem zu vermutenden starken Interesse des Publi-
kums ist die Wahrscheinlichkeit, die Szenen-Reihe en
suite zu spielen, sehr gross, doch lässt sich heute, wie
Sie ja selbst andeuten, indieser Richtung vor der Auf-
eine Zusicherung
führung und der Aufnahme bei Presse und Publikum nicht
geben.
4) Mit den Bedingungen 10 % Tantieme und 10 000 M
Tantiemen-Garantie bin ich einverstanden.
5) Wie Sie meinen vorhergehenden Worten schon entnom-
men haben, halte ich die Inszenierung Ihres Werkes für
eine ausserordentlich reizvolle Regieaufgabe, die nicht
nur volle Beherrschung der künstlerischen und technischen
Mittel, sondern vor allem starken Takt erfordert. Uch
habe
Ich habe daher den lebhaften Wunsch, diese Auf-
gabe selbst zu lösen. Ich bin aber durch die Eröff-
nung des “Grossen Schauspielhauses“ (Circus) am 1.
9.19. neben den allgemeinen Vorbereitungsarbeiten
so stark mit grossen Regieaufgaben belastet, dass
ich Ihnen heute eine solche Zusicherung nicht ge-
ben kann. Je weniger Sie mich aber zeitlich fest-
legen, je mehr wächst für mich die Möglichkeit
unserer beider Wünsche nach meiner Regie zu erfül-
len. Sie dürfen jedoch in jedem Falle versichert
sein, dass ich aus den schon wiederholten Gründen
mein volles künsterisches Interesse Ihrem Werke
widmen werde und unbedingt dafür Sorge trage, dass
es auf dem höchsten künstlerischen Niveau heraus-
kommt.
Ich hoffe sehr, verehrter Herr Doktor, dass
Sie meinen Ausführungen zustimmen.
In Betreff der „Schwestern“ erwarte ich Ihre
gefl. Vorschläge
Bei der Unsicherheit der Reiseverhältnisse kann.
ich leider heute noch nicht sagen, ob ich die Freu¬
de haben werde. Sie in diesem Sommer in Wien zu se-
hen. Ich werde jedenfalls nicht verfehlen, Ihnen
zutreffendenfalls rechtzeitig Nachricht zu geben.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr sehr ergebener
Max Reinner