B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 131

Heidelberg, 11.1.1902.
Lieber Herr Schnitzler,
Ihre beiden Briefe vom 9.und 10.habe ich dankend er-
halten und bitte also, die Wiener Aufführung der Lebend.
Stunden durch uns, als abgemacht zu betrachten. Fils
Sie über die 1500 M. schon jetzt verfügen wollen, so
stehen sie zu Ihrer Disposition. Ich habe bereits we-
gen neuen Verhandlungen mit Wien Auftrag gegegben
und werde nach meiner Rückkehr - Mittwoch oder Donners-
tag Früh - die Sache zum Abschluss bringen.
Kakadu lassen wir Ihrem wunsche gemäss in der Schwebe;
meine Bereitschaft, ihn auch in Wien zu geben, besteht
fort.
Ich habe die Dienstags-Vorstellung der Leb.St.gesehen,
der Besuch war mittelgut (1900) aber die Aufnahme bes-
ser als am Sonntag, so dass ich das angenehme Gefühl
erhielt: det Jeschäft is richtig. Dies bestätigte
die Donnerstasseinnahme, die (incl.Abonnement v.M.400)
2900 betrug. Und morgen, Sonntag,wird an radikaler Aus-
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11.1.02.
verkauftheit kaum etwas fehlen. Ich habe deshalb im
neuen spielplan die vortrefflichen vier Stückerln
fünfmal angesetzt.- Ihr Urtheil über die arme „Litte-
ratur" kann ich freilich nicht ratificiren; aber an den
„Lebendigen Stunden“, als nicht nur zeitlich erster Num-
mer,halte auch ich gern fest. Sie wirkten auch bei der
Wiederholung entschieden besser, als in der Unruhe der
Première.
Für Ihre guten und freundschaftlichen Worte danke ich
Ihnen herzlich. Ich darf für mich vielleicht in der
That eine gewisse liberalität in Anspruch nehmen und
acceptiere auch deshalb Ihre Quittung gern,weil die
meisten Menschen mich im Verdacht des Gegentheils ha-
ben. Ich meine aber, dass an der Stelle, wo ich stehe,
es Pflicht ist, denjenigen, von denen man etwas hält,
in möglichst freier und vollkommener Weise das Wort zu
lassen, auch dann, wenn man ihrem Vorhaben zweifelnd +