B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 275

270.
Karlsbad, Villa Charlotte, 12. 6. 1910.
Lieber Freund,
das weite Land findet mich in Ihrem engeren Land. Schon
längst hätte ich Ihnen Beiden für Ihre Schweizer Grüsse
danken sollen, und ich bin froh, dass die gute Botschaft
von der mir zugedachten Sendung es mich wenigstens jetzt
tun lässt.- Wir haben bis Ende Mai in B. gemimt, dann
eine Woche in Hamburg, mit schmetterndem Erfolge, Ibsen.
(Wie mag es M.R. in Wien ergangen sein, wirklich, nicht
zeitungsmässig angesehen?) Jetzt hab ich eine Kurwoche
schon hinter mir, und 2-3 weitere vor mir. Es ist möglich.
dass ich dann auf den Semmering gehe, und gewiss, so hoffe
ich, dass ich Sie dann sehe.- Was macht das Aerztestück?-
Ich bin, so eifrig wie's die Kur erlaubt, an Kleist-Stu-
dien, für eine neue Auflage der Biographie, die ich vor
27! Jahren schrieb.
Herzlich
Wenn Sie diesen Wassermann sehen, bitte ich ihn sehr zu
grüssen, ich freue mich seiner Vorsätze, nach Seis aber
komme ich schwerlich.
27 Karlsbad, 21.6.1910.
Lieber Freund,
Ihr Stück hab ich mit grosser Freude gelesen und danke
Ihnen sehr, dass Sie es uns überlassen wollen. Es er-
scheint mir nicht nur dichterisch als ein Höhepunkt
in Ihrem Schaffen (etwa dem „Einsamen Weg“ nahe), nicht
nur ausgezeichnet in der Charakteristik - den Friedrich
empfinde ich als eine Ihrer besten Gestalten - sondern
auch durchaus neuartig im Stil, den ich, wenn Sie nichts
dagegen haben, als pointillistisch ansprechen möchte.
Wie weit sich der auf der Bühne behauptet, ist freilich
ein Problem; aber eines, an dessen Lösung ich mich mit
Eifer betätigen will.
Hofreiter-Monnard,Genia-Triesch, Otto-Stieler, Natter-
Reicher einverstanden. Lehmann-Meinhold auch, wenn es mit
den zeitlichen Dispositionen zusammengeht; man könnte
auch an die Lossen denken. Aigner-Sauer ja, wenn er ge-
sund genug wird; fortgegangen ist er leider,leider in
recht übler Verfassung. Weiteres können wir bald münd-
lich besprechen, denn es ist höchste Wahrscheinlichkeit,