B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 323

Wien, 7.1.97.
Mein verehrter Herr Direktor,
das ist wirklich sehr liebenswürdig von Ihnen, dass
Sie mir diese wunderbare Empfehlung für Salten ge-
schickt haben; sie wird wohl am stärksten ins Gewicht
fallenund am besten seine Abmichten fördern.Er hat
Ihmeen wohl schon selbst geschrieben.
Auch für die rasche Erledigung des Bahr'schen Stück es
muss ich Ihnen bestens danken;auf den Bescheid, der
gekommen ist, hat te ich ihn, wie Sie sich denken können,
schon vorbereitet,und so trug er ihn gefasst.
Ihre freundlichen Wünsche für 97 sollen,wenn über-
haupt, erst im Frühjahr in Erfüllung gehen; denn unser
grauer Winter lastet diesmal auffallend schwer auf
meiner Stimmung und meinem Befinden. Ich habe eine
grosse Sehnsucht nach dem Bicyclefahren, und wenn ich
mir eine schöne Zukunft vorstellen will,so denke ich
mich auf eine Wiese hingestreckt, das Rad an einen
(7.1.97.)
Baum gelehnt, und mich unter freiem Himmel und in ange-
nehmer Wärme und fern vom Strassenlärm eine gesunde und
freche Komödie schreiben. Was die Wiese, das hingestreck-
te und das gelehnte Rad anbelangt, so ist die Erfüllung
nachgerückt. Ich arbeite jetzt übrigens auch zu Zeiten-
zehn Dialoge, eine bunte Reihe; aber etwas unaufführba-
reres hat es noch nie gegeben.- Auch eingefallen ist
mir man cherlei; das kann aber ein Irrthum sein. - Von den
hiesigen Glockenbesetzungsschwierigkeiten haben Sie
wohl gelesen? Die Reinhold will wieder einmal ihre Ent-
lassung, weil sie das Rautendelein nicht bekommt, oder
auch,wie andere behaupten,wegen der Hedwig in der Wild-
ente. Nun, die Glocke kommt jedenfalls bald, wie Sie wissen,
und, wie Sie noch nicht so sicher zu wissen scheinen, ob-
wohl es ja gerade so sicher ist, Sie auch. Und bringen
Sie doch Georg Hirschfeld mit. Er hat Ihnen vielleicht