B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 333

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aufführung in Berlin, wenn noch heuer, nach dem 20. März
erlebt. Wir wissen ja beide, wie früh die Saison sohon
schlecht zu werden beginnt, und wie verhältnismässig
spät sie gut zu werden beginnt. Wenn Sie also die Güte
haben, mir den Vertrag zu schicken, so bitte ich Sie die
Klausel einzufügen, dass das Stück entweder in dieser
Saison spätestens 20.März oder aber erst in der näch-
sten Saison zwischen 1.Oktober und 1.Dezember zum
erst en Male aufgeführt wird. Ihre Entscheidung bitte
an meine Wiener Adresse! -
Noch bin ich Ihnen herzlichen Dank schuldig für Ihr
Telegramm, mittelst welchem Sie mir zum Carltheater-Er-
folg des „Freiwild“ gratulierten. Die Aufführung war
sehr ungleich; Leistungen ersten Ranges neben Provinz-
leistungen. Auffallend gut wirkt jetzt immer eine Sze-
ne, die ich seit Berlin ganz verändert habe (2.Akt. 2.
Auftritt.) Die antisemitischen Journale versuchen mich
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zu beschimpfen - und auch in vielen andern merkt man
das Bestreben des betreffenden Referenten mitzutheilen,
dass sie für ihre Person ungeheuer muthig seien
und dem Tod mit Vergnügen ins Angesicht schauen und
dass es doch eigentlich ganz selbstverständ ich sei,
wenn man einmal einen Offizier geohrfeigt habe, dass
man da niedergenacht werden müsse.
Beer-Hofmann will nachtmahlen, also muss ich schlies-
sen; er lässt Sie schön grüssen, und ich will auch
nachtmahlen und grüsse Sie noch schöner,
Ihr treuer
A.S.
Noch etwas sehr wichtiges: Keineswegs die Schneider.
Natürl ich die Lehmann - und wenn aller Dialekt drauf-
geht.