B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 332

Salzburg, 9.2.98.
Oesterreicher-Hof.
Oesterreichischer Hof.
Lieber Herr Doktor, wie Sie merken, bin ich nicht in
Wien; ein heftiger Catarrh.Heiserkeit, allerlei nervöse
und wohl nicht ausschliesslich nervöse Beschwerden ha-
ben mich zu einer Luftveränderung gedrängt, und so bin
ich gestern Abend mit Beer-Hofmann hieher gefahren,
wo ich bis Ende der Woche bleiben will. Meine Stimmung
ist recht darnieder; die Gründe dazu sind gut oder
vielmehr schlecht genug; aber nicht davon wollte ich
Ihnen schreiben
Vor allem sage ich Ihnen, wie sehr mich Ihre im ganzen
freundliche Meinung über mein Stück freut; - dass Sie
mir mit der Aufzählung einzelner Schwächen nichts neu-
es sagen, brauche ich Sie nicht zu versichern. Wichti-
ger ist, ob ich im Stande sein werde, alles zu verlassen.
Das eigentümlich gehaltene im Ton wird nicht hier an-
zubringen sein; dazu müsst ich wohl das ganze Stück
vergessen, es mir neu einfallen lassen und später nieder-
(9.2.98.)
schreiben. Vielleicht aber kann ich mindestens die
Szene Emma-Ferdinand im 2. Akt verstärken; es ist die
Szene, die ich am öftesten geschrieben habe, immer mit
dem deutlichen Gefühl, dass ich sie nicht zusammenbrin-
ge. Möglicherweise finde ich auch noch für die Betty
einiges, was ihre Schwäche im letzten Akt vorbereitet.
Für alle Fälle habe ich das Stück mit mir hieher
genommen und will sehn, was sich thun lässt. Mit Sohlen-
ther hab ich neulich g sprochen; er hat te das Stück
noch nicht gelesen, drückte aber seinen Vorsatz aus-
für den Fall, dass er es überhaupt annähme - es als
nächste Novität spielen zu lassen; ich erwarte seine
weiteren Nachrichten.
Was nun Ihren Termin anbelangt, so ist es mir natürlich
viel lieber, wenn Sie ihn für eine gute Zeit in der
nächsten Saison festsetzen, als spät in dieser Saison;
und keineswegs möchte ich, dass das Stück seine Erst-