B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 374

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(13.8.04.)
deshalb, weil damit ein von Ihnen vor wenigen Wochen
nicht ohne Sympathie aufgenommener Vorschlag meiner-
seits- die Wiederaufnahme des ganzen Lebendige Stunden-
Cyclus in Repertoire- abgelehnt erschiene. Der Puppen-
spieler steht Ihnen zu dem gedachten Zwecke lieber zur
Vorfügung.-
Natürlich wäre es auch mir lieb, wenn mein neues Stück
im lessingtheater schon vor dem eventuellen Reinhardt-
Abend resp. vor dessen Ankündigung eingereicht, angenom-
men und angezeigt werden könnte,und wie das Ding bis-
her läuft, scheint es zu diesem Anlass zurecht kommen
zu können; ich habe heute die erste Niederschrift
(zum Theil höchst skizzenhaft) des 2.Aktes abgeschlos-
sen, denke den dritten in gleicher Weise im Laufe der
nächsten Woche zu vollenden, dann diktiere ich, nehme
mir das Zeug auf eine kleine Reise mit und werde da
jedenfalls zur Klarheit kommen,ob und wann es fertig
werden kann. Die Wolken ziehen noch immer drüber, aber
(13.8.04.)
es sind zarte Dämmer, nicht Gewitterwolken- es gibt so
viele derbe Lustspiele, warum soll es nicht auch ein
herbes geben.
In Hinsicht auf den E.W. haben mich E.V. zum Theil
missverstanden; ich dachte nicht an eine Aenderung der
Schlussszene des 1.Aktes, sondern an eine Aenderung
der Anfangsszene- so zwar, dass schon zu Beginn des
ersten Aktes das Verhältnis zwischen Sala und Johanna
ein erklärtes wäre- aber das hätte mir vor der Premie-
re einfallen müssen. Mit dem 4.Akt ist u.bleibt es ei-
ne schwere Sache. Johanna ist nun einmal was sie ist
und gegen Figuren, die -dem Autor gegonüber wenigstens -
sich ihres Lebens brüsten, ist später schwer etwas aus-
zurichten. Immerhin- es ist vielleicht wichtiger, dass
ein Stück lebendig als dass eine Figur daraus eigen-
sinnig bleibt.-
Die Grüsse aus Agnetendorf erwidere ich herzlich; das
Hauptmann nun endlich in die ersehnte Ordnung kommt,