B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 376

XVIII.Spöttelg. 7.
Wien, 31.X.04.
Lieber Freund, gestern hab ich die Komödie (jene neueste)
zum zweitenmal sozusagen abgeschlossen, und glaube, dass
ich sie nunmehr einmal werde schreiben müssen, um sie
los zu sein. Wann dieses dritte Mal sein wird, ob Dezem-
ber, Jänner oder Feber, kann ich in diesem Augenblick
nicht sagen- und wenn ich mir den Lauf Ihrer Angele-
genheiten betrachte, so dirft en Sie ja diesmal ganz
leicht verzichten können, und es wäre aus mannigfachen
Gründen vielleicht ebenso für Sie als für mich prakti-
scher, wenn ich einmal zu Anfang einer Saison statt in
der Nähe des Frühjahrs mit was neuem hervorrückte.
Aber ich will noch nichts verschworen haben- ob das
Ding gut wird, weiss ich freilich noch nicht, aber kei-
neswegs wird mehr viel dran zu thun sein. Nur zieht
es mich für die nächste Zeit mehr zu anderm hin;ins-
besondere will ich meinen Roman nicht auskühlen las-
sen. Die Taormineser Sache ist ziemlich in den Hinter-
grund getreten;dagegen bin ich von neuen allerdings
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sehr ernsten Stoffen lebhaft angeregt. Zum vollenden
schein ich ja allerdings geringeres Talent zu haben.-
Was Reinhardt betrifft, so hat es sich gefügt, dass er
mich statt der Wurstlgeschichte um den Kakadu gebeten
hat, und, bei der jetzt sehr günstigen Constellation,
die mir ein Abend am Kleinen Theater verheisst, hab ich
keinen Grund gesehen, diesen Antrag abzulehnen. Die Auf-
führung soll schon Mitte November stat tfinden, und ich
freue mich sehr, bei dieser Gelegenheit Sie und Ihr ge-
segnetes Theater zu sehen.
Seien Sie herzlich gegrüsst, auch von Olga.
Der Ihre,
A.S.