B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 377

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40 Wien, 19.Juni 1905.
Lieber Freund, vielen Dank für Ihre beiden Briefe, die
3 Wochen auseinanderliegen. In Hinsicht auf den Eins.
W. hab ich Ihrem Rathe gefolgt und vorläufig weitere
Verhandlungen abgelehnt. Ueber den Fähigkeitsgrad des
Fräulein Sikora fehlt mir das Urtheil, jedenfalls war es
ihr erfreulich zu hören, dass für später ihre Chancen
nicht ganz verloren sind.
Meine Sommerpläne? In etwa 10 Tagen fahre ich mit
Frau, Kind und Teunisbällen (statt der Kegel) nach Rei-
chenau,woselbst wir etwa 3/-4 Wochen) zu wohnen geden-
ken. Viel mehr wird, aus allerlei Gründen, in diesem
Sommer nicht herauskommen, insbesondere ist mir der Ka-
rersee zu entlegen, Aber sagen Sie mir, wie Sie Ihre
sückreise von Tirol einzurichten gedenken. Vielleicht
fügt es sich, dass man sich Mitte August in Salzburg
oder umgegend auf ein paar Tage finden könnte.-
Der Inhalt der Notiz über den mangelnden einzigen Be-
sucher war mir schon früher bekannt geworden; es bleibt
(19.6.05.)
mir noch immer räthselhaft, wieso das nicht öfter vor-
kommt;man kann sich aber nurzvorstellen wie oft vor
1-2 putzend Menschen gespielt wird. Dass sogar die
Weber manchmal,z.B.wenn Prinzessinnen einziehen,mässi
gere Häuser machen, hab ich auch gealnnt; es wird aber
das gleiche von manchen andern Stücken behauptet, die
am Lessingtheater in Szene gegangen sind. Ich halte es,
wenn mir eine Meinung gestattet ist, nicht für unmöglich
dass Sie, bei abwohslungsreicherem Repertoire, vielleicht
selbst an Prinzessinnen-und Einzugstagen bessere Häu-
ser erreichen könnten; ja mir gehen sogar die Namen
einzelner Stücke durch den Kopf, die Sie wieder aufneh-
men wollten und von denen man behaupten kann, dass sie,
selbst, oder wenigstens in Kassenhinsicht, aussichtsvol-
ler gewesen wären, als manche 40.-60. vorstellung.-
Die Behauptung Fischers hab en Sie mit Recht bestritten;
heute dürften sie es kaum mehr; da ich das eine der