B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 28

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men... etc?- Andere Einakter von mir sind wohl kaum in
Betracht zu ziehen; auch schon alle gespielt (ausser
dem famosen Wurstl.) - Ferner: September wäre mir aus
familiären Gründen, wie Sie sich denken können, ein un-
erwünschter Termin - wenigstens wenn der ganze Abend
von mir a lein bestritten werden sollte.-
Heute oder morgen langt die dramatische Historie vom
jungen Medardus bei Ihnen an, die ich zu secretiren
und mit Geduld zu lesen bitte. Hoffentlich werden Sie
die darauf verwandten Stunden nicht für ganz verloren
erachten. Morgen fahren wir nach St. Gilgen (Gasthof
Lueg) woselbst ich mich mit den andern Ihnen bekann¬
ten Tragikomödie so weit beschäftigen werde, dass sie
Ende Juni zur Abschrift bereit liegt und sich etwa
Mitte Juli bei Ihnen präsentieren dürfte.-
Reicher als Borkmann hat mich überrascht; er bewegt
sich hart an den Grenzen der Grösse und aus jenem ihm
am Ende doch verschlossenen Reich weht der geheimnis-
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volle Hauch zu seinem etwas stilisierten Haupt herü¬
ber. Die anders Bassermann als Rubek. Das Genie - man
zweifelt keinen Augenblick, wenn Bassermann ihn spielt-
während doch im Buch kaum viel mehr als das unaussteh-
liehe, un-menschliche, literarische eines Kerl heraus-
kommt, der wohl auch ein Genie sein mag. Die Triesch -
so gut wie ich sie nie gesehen, dasselbe lässt sich von
der Wüste sagen und bedeutet wohl mehr, da ich ihr so
viel nicht zugetraut hätte. Im ersten Akt fuldelte
sie wohl noch ein wenig.-Am Schluss grosser Jubel, al-
les rief nach Brahm - Bassermann flüsterte in das Ge-
klat sch hinein, dass Sie nicht da seien. Also lassen
Sie mich für mich allein und natürlich auch für Olga
Ihnen herzlichst danken für alles, was Sie uns heuer
im Johann Strauss Theater haben geniessen lassen. Wir
sind Ihnen einige schöne und hohe Stunden schuldig ge¬
worden (wie kann man sie bezahlen?) und es lässt sich
wohl sagen, Ihr Theater ist das einzige heute, von dem