B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 70

105 Wien, 22.1.1912.
Lieber Freund, es geht mir durch den Kopf, ob Sie es
nicht ermöglichen könnten, am 15. Mai hier war, von mir
zu spielen. Wenn gerade das Lessingtheater, mit dem ich
so eng verbunden bin, an diesem Tag sich von der Er¬
füllung des Beschlusses emanzipiert, nach dem „alle“
deutschen Theater am 15.5. ein Stück von mir, wie am
15.12. eins von Hauptmann aufführen sollten, könnte das
für die ganze Durchführung des Unternehmens in ideel¬
lem und in materiellem Sinn von übler Wirkung sein.
Während hingegen einemöglichst frühe Ankündigung in
positiver Art die übrigen Bühnen günstig zu beeinflus-
sen imstande wäre. Sie werden mich fragen! Aber was?
(Oder auch nicht - ich nehme aber an, Sie fragen mich)
und ich antworte: Am leichtesten liesse sich noch im-
mer der Einsame Weg machen, wenn ich auch in den sau¬
ern Monnard (für den Sala) beissen müsste. Hingegen
wäre mir die Lossen für die Johanna viele hundert Mal
lieber als die Triesch. Im übrigen wäre auch an das
22.1.12.
Zwischenspiel zu denken, in dem Monnard ja gar nicht
übel war,- und kann die Triesch nicht mit, so wäre auch
hier die Lossen ein vollwertiger Ersatz.-
Nun lieber Freund lassen Sie sich die Sache durch
Ihren Kopf gehn, ich denke Sie werden mir nachempfin-
den, dass ich Ihre Entscheidung für die Gesamtangele-
genheit als sehr wesentlich beurtheile.
Seien Sie herzlichst gegrüsst, und auf baldiges Wie¬
dersehen