B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 74

P.S.
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receu le
15. 2.12.
Sehr komisch benahm sich das Publikum, insbesondere,
wie ich höre am zweiten Abend, wo es sich genau so al¬
bern aufgeführt haben soll wie sein Spiegelbild auf
der Bühne. Der Skandalmacher im wirklichen Parkett
wurde, was mir eigentlich schmeicheln müsste, für echt
genommen und der Direktor auf der Bühne bei den Wor¬
ten: „Mit dem Ringkämpfer hätt's schliessen müssen"
vom wirklichen Publikum akklamiert. Unter diesen Um¬
ständen kann ich Ihnen nicht raten den „Wurstl“ zu
spielen, umso weniger als Sie ihn ja auch nicht spielen
würden, wenn ich Ihnen dazu riete. (Geht in edler Hal-
tung ab).-Aus Ihrem Repertoire entnehme ich, dass Sie,
ganz berechtigter Weise, mein definitives Ja nicht erst
abgewartet haben, um die „Comtesse“ dem „Anatol" zuzu-
gesellen. Möge - etc. etc.- und seien Sie von uns Allen
herzlichst gegrüsst.
A.S.
1 7 7
15.2.1912.
Berlin
Lieber-Freund.
Die Aufführung der „Marionetten“ in
Wien stand unter keinem glücklichen Stern und
ich kann Sie umso weniger ermutigen zu einer Vor-
stellung der Einakter herzukommen als Sie sie
kaum mehr auf dem pepertoire finden dürften.
„Der Ruppenspieler“ wirkte leidlich. Dass ich
den.Cassian' im Stil eines Ruppenspieles dar-
stellen liess, war entschieden ein Fehler. Um die-
ses Stück zur Wirkung zu bringen müsste man einen
anderen Stil finden. Dazu kam noch, dass Edthofer,
der den Martin geben sollte, am Tag vor der Auf-
führung erkrankte und ein anderer (begabter) jun-
ger Mensch. Herr Günther ^ ohne genügende proben
einsprang. An Proben hat es überhaupt gemangelt,
das zeigte sich besonders im „Grossen Wurstl“, der
übrigens nur dann vollkommen zur Geltung kommen
könnte, wenn die Figuren des Marionettentheaters
von Schauspielern ersten Ranges und womöglich